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Rahel:
[0:00] Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Die Welt von. Und zwar jetzt im neuen Gewand. Denn, ab sofort, einige von euch haben es schon mitbekommen, bestreite ich das Format zusammen mit Mháire. Da können wir dann unser geballtes Nerdwissen nutzen, um zahlreiche Welten zu erobern. Hi Mairi, schön, dass du da bist.
Mháire:
[0:19] Hi Rahel, danke für die Einladung. Und ja, wir finden uns in vielen Welten gemeinsam. Wenn wir nicht gerade irgendwelche Schrecken von jenseits der Sternen bekämpfen, dann können wir auch mal zum Beispiel in den Cyberpunk reinluben.
Rahel:
[0:30] Ja, genau. Also an der Stelle kurze Erklärung für alle, die es noch nicht mitbekommen haben. Mháire und ich werden die Folgen ab sofort gemeinsam bestreiten, quasi als Stammbesetzung. Das heißt, wir erarbeiten uns die jeweiligen Welten, über die wir sprechen, selbst, werden aber hier und da immer noch einen Experten oder eine Expertin dazu holen, damit wir dann auch wirklich in die Tiefe arbeiten können. Und du hast es jetzt schon ganz nett angeteasert, was nämlich unser Auftaktthema sein wird. Ein Thema, bei dem ich weiß, dass du sehr firm bist und dass auch den Stay Forever-Hörerinnen und -Hörern schon mal begegnet ist und in dem ich ziemlich fremd bin, nämlich Shadowrun.
Mháire:
[1:07] Ja, die große Rollenspielliebe meiner Jugend. Ich habe sehr viel Zeit als Teenager und Anfang 20 damit verbracht, Shadowrun im Pen & Paper zu spielen und tue das auch bis heute regelmäßig.
Rahel:
[1:18] Ja, das ist ein großer Unterschied zu mir, denn ich habe tatsächlich fast überhaupt keine Berührungspunkte mit Shadowrun bisher gehabt. Klar, ich hatte mal hin und wieder in das Grundregelwerk reingeschauen. Also für alle, die es nicht kennen, es geht ursprünglich auf ein Pen-and-Paper-Rollenspiel zurück. Ich habe auch hier und da mal so über die Schulter Eindrücke von einigen der Videospielen gehabt. Aber wirklich jetzt mal selber auch gespielt oder mich mit der Welt auseinandergesetzt, das habe ich bisher nicht. Dafür kenne ich mich allerdings relativ gut mit dem Cyberpunk-Genre aus. Und das war dann auch so für mich der Anreiz, mich mal tiefer in die Welt zu begeben.
Rahel:
[1:54] Worum geht es denn grob in Shadowrun?
Mháire:
[1:58] Also, wenn wir darüber reden, worum es in dem Rollenspiel geht, dann meistens darum, auf Dinge zu schießen und zu überleben und sehr viele Würfel zu würfeln. Aber es geht vor allen Dingen darum, mit einem wilden, unregulierten, absolut bescheuerten Genre-Mischmasch in einer dunklen, cyberpunkigen, hochsarkastischen Zukunft, die immer so 60 Jahre in der Zukunft spielt, mit Magie zusammen Profiverbrecher zu spielen, die sehr blutige Heistabenteuer erleben.
Rahel:
[2:30] Ja, es ist eine düstere, brutale und schmutzige Zukunft, eine hyperkapitalistische Welt, viele Megakonzerne und trotzdem ist es an vielen Stellen auch sehr humorvoll, wie du das schon hervorgehoben hast. Auf den ersten Blick würde ich sagen, ist Shadowrun, wenn man sich nicht damit auseinandersetzt, recht konservativ aus heutiger Sicht. Das ist halt irgendwas mit Cyberpunk, man hackt, man spielt Shadowrunner, ja gut. Aber aus irgendeinem Grund gibt es in dieser Welt auch noch Zauberer, Drachen, Elfen und Trolle.
Mháire:
[2:57] Ich hätte ja jetzt eher gesagt, genretechnisch ist der Fantasy-Anteil doch eher der Konservative.
Rahel:
[3:03] Ja.
Mháire:
[3:03] Und der Cyberpunk ist das, was dann die ungewöhnlichen und schrägen Dinge mit reinbringt. Aber ja, Shadowrun hat einfach gesagt, hey, wir mögen diese Welten von Cyberpunk, was ein Genre ist, das zu dem Zeitpunkt, als das Spiel rauskam, in den 80ern, noch relativ jung war und eben auch die technologische Entwicklung der Zeit betrachtet hat und die politische. Aber wir mögen auch Zauberer und Drachen. Wir werfen das jetzt alles in einen Topf und dann schauen wir mal, was bei rauskommt. Und dann macht man noch tolles Artwork obendrauf und fertig.
Rahel:
[3:36] Ja, ja. Warum sich für ein Genre entscheiden, wenn man auch alle haben kann.
Mháire:
[3:39] Genau.
Rahel:
[3:40] Also vorab die kurze Einordnung. Shadowrun kam 1989 auf den Markt. Das war damals beim Verlag Faser in den Staaten. Heute liegt die Lizenz bei Catalyst Game Labs und in Deutschland bei Pegasus.
Mháire:
[3:52] Und das ist bei Pegasus auch schon eine lange Geschichte. Und das ist auch eine spannende Geschichte, also wir können ein bisschen später drüber reden, wie wichtig Deutschland als Standort bzw. Wie viel es zu Deutschland für Shadowrun gibt.
Rahel:
[4:03] Wir sind ja ursprünglich hier bei Stay Forever ein Spiele-Podcast und es hat zu dem Super-Nintendo-Spiel Shadowrun von 1993 sogar schon mal eine Super-Stay-Forever-Folge gegeben. Und da haben wir beide uns gedacht, es wäre doch ein schöner Einstieg in die Welt von Shadowrun, wenn wir uns einmal Gunnar an den Tisch holen und ihn bitten, ein wenig über die verschiedenen Shadowrun-Videospiele zu erzählen. Hallo Gunnar!
Gunnar:
[4:28] Oh, hallo!
Rahel:
[4:29] Du auch hier!
Gunnar:
[4:30] Wie nett, dass ich hier sein darf!
Mháire:
[4:34] Ah, Rahel hat einen Gunnar aus dem Hut gezogen, wie so ein Kaninchen.
Rahel:
[4:38] Das war mein magischer Trick für heute.
Gunnar:
[4:40] Ja, was willst du denn wissen? Alles.
Rahel:
[4:42] Idealerweise alles, aber es gibt bis dato um die zehn Shadowrun-Spiele. Und was ich eigentlich von dir gerne hören möchte, ist, wie sieht es denn aus mit den Shadowrun-Spielen? Welche Spiele gibt es und wie ordnen die sich so alle in diese Lore oder in die Welt ein?
Gunnar:
[4:59] Wir machen eine ganz kurze Tour de Force durch die Geschichte der Shadowrun-Videospiele. Es fing 1993 an mit diesem Super Nintendo Spiel, das wir auch in einer Folge besprochen haben. Und parallel dazu, fast parallel, ein Jahr später, kommt ein Mega Drive Spiel raus. Und diese beiden Spiele sind unabhängig von unterschiedlichen Firmen. Es ist keine Portierung, haben unterschiedliche Schwerpunkte und gehen das vor allen Dingen als Rollenspiel auch anders an. Das ist schon mal eine ziemlich überraschende Begebenheit in der Spielegeschichte. Wenn man heute über die gute alte Zeit im Shadowrun-Videospiel-Universum spricht, dann meint man das Super Nintendo Spiel. Das war exzellent. Fantastisches Spiel, war sehr beliebt, hat gute Wertungen bekommen. Das ist das, was alle gespielt haben. Das Megadrive-Spiel war nicht viel schlechter, stand aber dann im Schatten dieses sehr erfolgreichen Super-Nintendo-Spiels.
Gunnar:
[5:54] Das Spiel macht das so, wie Spiele Rollenspiel-Hintergründe benutzen. Rollenspiele sind ja näher an den Vorbildern als Spiele, die auf Filmvorlagen basieren oder so. Es nimmt halt das Rollenspiel-Regelwerk größtenteils in einer vereinfachten Form mit und siedelt das in einer Shadowrun-typischen Welt an. Mit Verschwörung und Cyberpunk und derartigen Dingen. Das war der erste Aufschlag, diese beiden Spiele in der Computerspielwelt.
Gunnar:
[6:19] Parallel 1994 erscheint eine Art interaktiver Roman, eine Visual Novel würde man vielleicht sagen, nur in Japan für das Sega Mega-CD.
Gunnar:
[6:30] Das ist ein Kuriosum der Geschichte, das ist eher so ein Spiel wie Snatcher, über das wir schon mal gesprochen haben in einer Folge. Eher ein Adventure oder eine Visual Novel als ein richtiges Rollenspiel. Kennt hier kein Mensch, war auch auf dem Mega Drive spektakulär erfolglos, war das letzte Spiel, das das Mega CD überhaupt rausgebracht hat, also der Sargnagel des Mega CD und hat auch sonst keine weiteren Fußstapfen hinterlassen. Dann gab es noch ein erfolgloses Spiel von FASA selber, die da so einen Shooter draus machen wollten, ein ganzes Jahrzehnt später und
Gunnar:
[7:00] Das war es erst mal. Und dann kommt eine andere Firma und belebt im Jahr 2013 das gesamte Setup wieder. Dann kommt nämlich Shadowrun Returns raus von Hairbrain Schemes. Und das sind die aktuellen Spiele in diesem Universum. Die haben das für PC und auch für Tablets gemacht, aber nicht für Konsolen. Und Hairbrained Schemes ist die Firma von Jordan Weisman. Das ist einer der Original-Schöpfer des Pen & Paper Shadowrun. Und der hat das über Kickstarter finanziert, war eine der ersten großen Kickstarter-Finanzierungen. 1,8 Millionen Dollar, das hat diesen Goldrausch mit ausgelöst, wo man halt dann die ganze Zeit Spiele auf Kickstarter finanziert hat, bis es vorbei war. Also wie es jetzt ist, macht ja keiner mehr. Und das wurde dann zu einer Trilogie, dieses Spiel. Und war ein sehr kompetentes, taktisches Rollenspiel mit so 2,5D-Anmutung.
Gunnar:
[7:49] Das sind die letzten Spiele, die in diesem Szenario dann erfolgreich waren. Und die wurden auch innerhalb dieser Trilogie von Spiel zu Spiel immer noch besser.
Gunnar:
[7:58] Die Shadowrun-Trilogie, ganz super. Dann gab es noch ein Spiel aus Deutschland und Österreich von Cliffhanger. Das hieß Shadowrun Chronicles. Wurde auch über Kickstarter finanziert als Shadowrun Online. Sollte so eine Art Browserspiel werden. Mit Multiplayer-kooperativen Gameplay und so. Das ging aber dann insgesamt unter und war nicht sehr erfolgreich. Und ehrlich, das war’s schon. Das waren schon alle erwähnenswerten Spiele. Im Wesentlichen, wenn man es ganz runterdampfen will, das Super Nintendo-Spiel von 1993, das ja relativ kurz nach dem Erscheinen des Pen-and-Paper-Rollenspiels kam, und die Wiederbelebung im Jahr 2013, die Harebrained Schemes dann unter Jordan Weisman gemacht hat.
Rahel:
[8:38] Dazwischen haben wir eine relativ große Lücke. und, Egal, wie erfolgreich jetzt die anderen Spiele waren, wir haben ja trotzdem damit Anfang der 90er, naja, eine kleine Häufung. Und da würde mich jetzt mal interessieren, warum? Ist das nur, weil Shadowrun zu dem Zeitpunkt eben neu und hip und in ist? Oder treffen die Spiele damit auch so einen gewissen Zeitgeist?
Mháire:
[8:59] Sagen wir mal so, Shadowrun ist so 90er. Ich glaube, abgesehen von Vampire the Masquerade, gibt es kein Pen & Paper, das mehr 90er ist als Shadowrun. Also es hatte einfach den Nerv der Zeit getroffen. Es ist eine Zeit der Punk-Ästhetik, die aber mit Pink und Neon gemischt wird und unironisch getragenen langen schwarzen Ledermänteln. Da passt es perfekt rein.
Rahel:
[9:24] Die trage ich auch heute noch unironisch.
Mháire:
[9:26] Es tut mir leid. Du bist halt auch ein Kidderneunziger. Ich würde auch einen tragen, wenn ich noch einen hätte.
Gunnar:
[9:34] Ich glaube, grundsätzlich ist es so, wenn du eine Spielefirma hast und Spiele machst und die Fähigkeiten hast, Rollenspiele zu machen, dann prüfst du fast alles, was auf dem Markt ist und einigermaßen einen Namen hat, mal darauf, ob man das in ein Computerrollenspiel umsetzen kann. Das wird grundsätzlich gemacht und das wird vor allen Dingen auch immer wieder evaluiert, weil das einfach ein sehr logischer Transfer ist. Du hast schon eine Regelmechanik. Wenn du so ein Pen-and-Paper-Rollenspiel kaufst und in dein Computerspiel überträgst, du hast schon Kunstwerke, Konzeptzeichnungen, massiv viel Text, Hintergrund und so. Das wird immer gerne gemacht und Pen-and-Paper-Rollenspiele sind nicht so groß, im Sinne von popkulturell so groß, dass die unbezahlbar wären, wie zum Beispiel die Rechte am Harry-Potter-Film oder am Harry-Potter-Buch oder so. Und ich glaube, wenn man das Anfang der 90er sich angeschaut hat, dann ist das ja ein feuchter Traum für einen Spieleentwickler. Alles total kampflastig, aber auch Cyberpunk, kannst alles machen, Zauberei und Schießen, das ist perfekt. So toll.
Rahel:
[10:30] Das heißt, du würdest tatsächlich sagen, einer der Gründe, warum das Super Nintendo-Spiel so beliebt war, ist spezifisch die Shadowrun-Lizenz. Also zum einen, weil man damit schon auf eine gebaute Welt zurückgreifen kann und relativ wenig noch ausfüllen musste und zum anderen, weil es aber auch schon bekannt war.
Gunnar:
[10:46] Ich glaube nicht, dass Shadowrun so ein bekanntes Szenario ist, aber da könnt ihr sicherlich noch mehr zu sagen. Ich glaube ja immer, dass man aus unserer Sicht Cyberpunk in der Wirkung ein bisschen überschätzt, weil das halt in unseren Kreisen so eine starke Wirkung gehabt hat und in der Mainstream-Kultur nicht so stark. Das war halt vor allen Dingen erstmal ein exzellentes Rollenspiel und das war es sicherlich auch wegen der Regelmechanik und des interessanten Settings.
Rahel:
[11:06] Was für Fußspuren haben denn die frühen Spieler, also ich denke jetzt spezifisch an das Super Nintendo Spiel und auch das Mega Drive Spiel hinterlassen, so spielhistorisch, was ist dann nachgekommen, was für andere Spiele sind davon inspiriert?
Gunnar:
[11:18] Es hat sich ja nicht so durchgesetzt. Es ist ja abgerissen danach. Diese beiden Spiele der 90er haben ja keine Fortsetzungen erfahren. Und danach hat auch eine ganze Weile niemand mehr das Szenario angefasst. Und die, die es als Nächste erfolglos angefasst haben, waren Fasa selber. Also weil sie halt mal durchgeschaut haben, welche Rechte sie noch im rechten Kühlschrank liegen haben. Ah, das hier ist noch frisch. Riecht ein bisschen nach 90er, könnte gehen. Und eigentlich glaube ich, dass die spezifisch gar keinen großen Einfluss hatten. Auch beim Super-Nintendo-Rollenspiel sagt man immer dazu, ohne dass ich jetzt feste Zahlen hätte, dass das nicht gut gelaufen ist, im Sinne von hat sich nicht so gut verkauft. Das hat sich hinterher so ein bisschen als Schläfer hochgedient in dem Ruf der Spieler, weil es halt so gut war, aber ich glaube nicht, dass das Szenario diesem Spiel zum Erfolg verholfen hat. Das ist so ein bisschen so ein kleinerer Kulttitel, wenn man das so sagen darf. Und hat immer die Fantasie von Fans auch inspiriert. Es gab auch dann später den Versuch, das nochmal wiederherzustellen. Es gibt ein Fan-Projekt, das hat diese Engine genommen von den moderneren Spielen und hat damit einen Reboot dieser SNES-Variante gemacht als Mod. Das kam 2018 dann, glaube ich, raus. Also da gibt es schon eine ganze Menge Sachen drumherum, wo Fans diese Faszination sehr wohl erfasst haben und damit auch was gemacht haben. Aber ich glaube, so einen größeren Fußabdruck hat das nicht hinterlassen.
Rahel:
[12:33] Würdest du denn eins von den Spielen auch heute noch empfehlen, wenn man die jetzt neu entdecken will?
Gunnar:
[12:38] Finde, das SNES-Spiel kann man auf jeden Fall noch spielen. Ist ganz toll. Und die drei moderneren Spiele von Harebrained Schemes aus den Jahren 2013, 2014 und 2015, die sind noch ganz gut erhältlich und auch noch ganz gut spielbar.
Rahel:
[12:54] Gibt es, wenn ich mich recht entsinne, sogar auch alle Jubiljahre im Epic-Store schon mal in der Gratisschiene?
Gunnar:
[12:58] Das kann gut sein.
Rahel:
[13:00] Danke dir, Gunnar, für diesen kurzen wilden Ritt durch die Shadowrun-Spiele. Was genau es mit der Welt auf sich hat, das werden Mháire und ich jetzt noch ergründen.
Gunnar:
[13:09] Vielen Dank und viel Spaß euch.
Mháire:
[13:12] So, jetzt ans Eingemachte.
Rahel:
[13:14] Ja, wir haben jetzt ein erstes grobes Gefühl, welche Art von Welt und welche Art von Story Shadowrun erzählen will. Ich würde aber die Gelegenheit jetzt nutzen, bevor wir tiefer in die Lore eintauchen, doch mal genau diesen Zeitgeist und dieses Cyberpunk-Genre, was jetzt sowohl wir als auch Gunnar immer wieder kurz angeteasert haben, etwas detaillierter zu besprechen. Einfach um zu zeigen, in welcher Tradition Shadowrun eigentlich steht und wie stark es sich gleichzeitig davon aber auch wegbewegt hat.
Mháire:
[13:40] Ich schätze, dann reden wir jetzt mal über einschlägige Cyberpunk-Literatur, was gar nicht so viel ist tatsächlich.
Rahel:
[13:47] Nein, aber die ist dafür relativ bekannt, zumindest hierzulande. Cyberpunk war insbesondere in den 1980er Jahren ein sehr angesagtes Jobgenre oder beziehungsweise da hatte es einen Höhepunkt, gibt es natürlich auch heute noch und es hat auch schon Vorläufer gegeben. Das griffige Motto, mit dem das Genre immer gerne beschrieben wird, ist High-Tech Low-Life. Also es ist eine Welt mit viel Technologie und alles toll, alles möglich. Der tatsächliche Lebensstandard ist allerdings geringer als den, den wir heute kennen. Und ja, die Welt ist auch großstädtisch mit wenig Natur, um es mal so zu sagen.
Mháire:
[14:23] Es ist alles dem Hyperkapitalismus geopfert worden.
Rahel:
[14:27] Ja, und den Megakonzern kennen wir auch aus Shadowrun. Das ist also eine Art von Science-Fiction, die historisch betrachtet auf die 1960er zurückkommt. Und da sind so Schlüsselfiguren oder Namen, die man kennen könnte, beispielsweise Philip K. Dick. Der ist streng genommen kein Cyberpunk-Autor, sondern eher ein Prototyp. New Wave Science-Fiction hat man das damals genannt. Wo dann aber schon Dinge aufkommen wie Hauptfiguren, die nicht unbedingt heldenhaft oder gut sind. Oder auch, dass man in die Welt einfach reingeworfen wird. Das heißt, bestimmte Begriffe werden nicht vorgekaut und erklärt, sondern die muss man sich beim Lesen dann erschließen. Das Ganze bewegt sich weg von diesem Optimismus der Golden Age Science Fiction, also wo Technologie was Glorioses ist, was alles verbessern wird, sondern stattdessen rutscht der Fokus eher so in Richtung Gesellschaft, auch Massenmedien, wie Technologie beispielsweise sich auf die Gesellschaft auch negativ auswirken kann. Also das ist schon zu Zeiten von Philip K. Dick oder auch meinetwegen Harlan Ellison sehr dystopisch und pessimistisch. Da geht es sehr viel um sozialen Verfall, eben herbeigebracht durch Technologie und Kapitalismus. Das ist das, was dann Cyberpunk nimmt, nur eben dann noch erweitert um so Dinge wie die Cyberwelt und die bunten Neonfarben und häufig so einen gewissen Exotizismus oder Techno-Orientalismus. Also beliebte Settings sind immer Hongkong, Tokio.
Mháire:
[15:51] Generell ein sehr starker Fokus auf Japan und eben die Tiger States, also die technische Revolution und all die Gadgets, die in den 80er und 90ern aus Ostasien kamen. Und die haben dann zu so einem überhypten Fokus, würde ich sagen, auf die Region geführt und eben dann auch einem Orientalismus, wie du gesagt hast.
Rahel:
[16:14] Berühmte Cyberpunk-Werke, eigentlich das, was immer genannt werden muss, ist William Gibsons Roman Neuromancer von 1984. Das ist auch ein Buch, was großzügig als Vorlage von Shadowrun diente.
Mháire:
[16:27] Einige Begriffe sind übernommen worden und grundlegende Weltideen teilweise, nur dass da keine Magie drin ist. Es hat auch einen der besten ersten Sätze.
Rahel:
[16:37] Ja.
Mháire:
[16:37] Der Himmel über dem Hafen hatte die Farbe eines Fernsehers, der auf einen toten Kanal geschaltet war. Ein unglaublich stimmungsvoller Einstieg. Der hat das da schon alles sehr gut eingefangen, unglaublich stimmungsvoll geschrieben. Und vor allen Dingen den Cyberspace da als wichtigen Part gesetzt und auch schon Matrix genannt teilweise.
Rahel:
[16:59] Wir haben auch die gigantischen Konzerne schon, mächtige KIs. Und William Gibson fand das scheinbar gar nicht mal so gut, wie großzügig Shadowrun sich an seinem Roman bedient hat. Aber die Geschichte steht auf einem anderen Blatt.
Rahel:
[17:12] Zweites Beispiel, was man sehr gut kennen kann, ist der Film Blade Runner von Ridley Scott. Der wiederum auf einer Philip K. Dick Geschichte basiert. Und das ist insbesondere visuell formgebend. Also das Ganze soll spielen im Los Angeles des Jahres 2019. Das ist jetzt nicht ganz akkurat, wenn man es vergleicht mit dem realen Los Angeles, aber gut. Und das ist diese große leuchtende Metropole. Die meisten Aufnahmen sind bei Nacht. Wir sehen im Grunde genommen keine Natur, dafür umso buntere Lichter. Und auch da wieder zum Thema Orientalismus und spezifisch dieser technologische Orientalismus. Los Angeles sieht im Grunde auch da aus wie eine japanische Enklave.
Mháire:
[17:50] Ja, wir sehen auch ganz viel asiatische Streetfood, wir sehen Werbung mit Geisha, wir sehen Atari-Werbung. Ja, es ist heute großartig, dass da in die Zukunft weitergedacht wurde, dass da gigantische Atari-Werbung auf diese Stadtlandschaft geworfen wird, irgendwie 100 Meter hoch. Also ja, der Look, der in Blade Runner da entwickelt wurde und der ja bis heute unglaublich einzigartig ist, der wiederum sein eigenes Genre mehr oder weniger entwickelt hat, das Neon Noir. Also Firm Noir Feeling, aber in einer Neon Zukunft.
Mháire:
[18:22] Das ist so klar rauszusehen aus allen Hintergründen, die jemals für Shadowrun verwendet wurden. Die ganzen Städte sehen so aus und das Prinzip der Arkeologie, also dieses Mega-Gebäudes, das ist ganz klar gemünzt auch auf die Gebäude, wenn sie beschrieben werden, häufig als so Pyramiden, diese zentralen, riesigen Dinger, die wir da sehen. Der Begriff Cyberpunk lustigerweise kommt in der Neuromancer Trilogie, also es sind insgesamt ja drei Bücher, gar nicht vor. Der stammt ursprünglich aus einer ganz anderen Geschichte von 1980, auch von einem anderen Autor, von Bethke, der da einfach Hacker-Kids beschrieben hat. Ja, er hat quasi schon weitergedacht in so etwas wie das Internet von den frühen Netzwerken, die es gab und dann halt eben erzählt, wie da Kids drin rumhacken und hat das dann Cyberpunk genannt. Und nachdem dann New Romance heraus war und Leute gesagt haben, oh, das ist interessant, gab es jemanden, der sehr wichtig in der amerikanischen Science-Fiction-Szene war, Gardner Dossoir, der bekannteste Editor war für Kurzgeschichten in der Science-Fiction-Szene. Ein guter Freund auch von ganz, ganz vielen bekannten AutorInnen. Und der hat einfach diesen Begriff Cyberpunk aus der einen Geschichte genommen und dann auf diese Genre draufgeklatscht. Das hat Gibson selber gar nicht gemacht. Ich glaube, der war auch lange überhaupt kein Freund von diesem Begriff. Aber Gardner-Dossoir hatte so einen Einfluss auf die Stimmung der Szene und darauf, welche Begriffe verwendet wurden, dass er das einfach mehr oder weniger damit durchgesetzt hat.
Rahel:
[19:45] Wir kennen natürlich auch in der Welt der Computerspiele schöne Beispiele für Cyberpunk. Offensichtlich die Cyberpunk-Reihe, aber auch Deus Ex. Also das sind so zwei kurze, griffige Beispiele, wo man eben sowohl die Art des Erzählens, aber auch diese visuelle Form ganz schön wiedererkennt.
Mháire:
[20:03] Ja, und man muss ja auch dazu sagen, dass Cyberpunk, das Rollenspiel, auf dem Cyberpunk, das Computerspiel beruht, auch älter als Shadowrun ist. Da haben sie sich auch dann reichlich bedient an diesem Spiel und einfach bei vielen Dingen die Seriennummer abgefeilt für Shadowrun. Es ist eben auch sehr spannend, dass Cyberpunk lange Zeit viel weniger bekannt war als Shadowrun, obwohl es das ältere Spiel ist und auch in Anführungsstrichen das truere Spiel, weil es nur um Cyberpunk geht und weil es auch einen sehr coolen Hintergrund hat insofern, als dass es aus einem Familienbetrieb kommt, der einer der ganz, ganz wenigen von POC geführten Firmen ist, die im Gaming-Bereich, im Rollenspiel-Gaming-Bereich in den USA tätig ist, bis heute.
Rahel:
[20:46] Das heißt, du machst da gerade aber schon ein ganz spannendes Thema auf, nämlich allein die Tatsache, dass Shadowrun Cyberpunk bedient, ist nicht das Alleinstellungsmerkmal. Wir hatten ja eben drüber geredet, was ist denn jetzt das Besondere daran? Ist es, dass es Cyberpunk ist oder dass irgendwie dann noch Fantasy reinkommt? Ja, es ist ein frühes Cyberpunk-Spielsystem, aber es ist nicht das erste. Das wirklich Außergewöhnliche ist, dass es eben Cyberpunk mit Fantasy zusammenbringt.
Mháire:
[21:13] Und dass es ein sehr gutes Art-Design hatte. Also es kommt mit ganz, ganz starken Covern direkt auf den Markt, die das alles super zusammenfassen. Art-Budget und gute Cover-Art ist in den 80ern noch keine Selbstverständlichkeit für Pen & Paper-Rollenspiele. Und wenn man sich anschaut, wie Shadowrun aussah, also innen immer noch alles schwarz-weiß. Ich glaube, mit der zweiten Edition kamen dann Farbtafeln rein. Aber vorne drauf hat man einen düstere Straßenzug, wo Leute vorne an einem großen Gerät offensichtlich sich angeschlossen haben mit einem Kabel und Hecken und Leute schwer bewaffnet in Punk-Klamotten. Also es sprang einen einfach an. Und es gibt ja diesen Begriff Lightning in a Bottle, wenn einfach dicke zusammenkommen, wo niemand mit gerechnet hätte, dass das funktioniert. Und dann kommt aber ein Produkt raus oder ein Kunstwerk, das einfach einmalig ist. Und so ein bisschen ist das für die Rollenspielszene mit Shenron gewesen. Also es haben durchaus Leute die Nase drüber gerümpft, weil man mischt Cyberpunk nicht mit Magie. Ja, das sind unterschiedliche Genres. Der arme Cyberpunk, der eigentlich eine hochgeistige, coole Sache ist. Und dann kommen Leute und schmeißen da Magie rein. Aber die Leute, die es gekauft haben, waren, glaube ich, ziemlich glücklich.
Rahel:
[22:19] Ja, und ich glaube, man kann sagen, zumindest im Rollenspielbereich geht es der Marke auch heute noch gut.
Mháire:
[22:24] Ja, also es ist keins von den Spielen mehr, das richtig, richtig groß auf dem internationalen Markt mitmischt. Es ist so eine von den gesetzteren Marken, aber es wird kontinuierlich noch weiterentwickelt und in Deutschland ist es schon eines der größeren Systeme weiterhin.
Rahel:
[22:40] Dann lass uns doch mal in die Welt wirklich eintauchen. Und ich würde vorschlagen, dass wir nicht den Cyberpunk-typisch verwirrenden Einstieg wählen, sondern vielleicht zu Beginn mal so ein paar Grundbegriffe etablieren, die wir wahrscheinlich immer wieder im Laufe der Folge benutzen werden. Also quasi ein Mini-Glossar. Und da würde ich ganz gerne anfangen mit dem Offensichtlichen, nämlich was bedeutet denn überhaupt Shadowrun?
Mháire:
[23:05] Shadowrun ist der Begriff für einen illegalen Auftrag, der in der Regel von Konzernen vergeben wird an Freelancer, die dann Shadowrunner genannt werden, damit man das abstreiten kann. Also die Konzerne, die die wirklichen Mächte dieser Zukunft sind, in der wir da spielen, die deutlich mehr zu sagen haben und auch extra Territorialität von anderen Staaten haben, die führen Krieg gegeneinander, aber nicht offiziell. In der Regel gibt es natürlich auch Ausnahmen, aber sie stehlen Geheimnisse, Rohstoffe, Angestellte und so weiter voneinander. und dafür heuern sie dann Profiverbrecher an, die Shadowrunner, die dann auf Shadowruns gehen. Das ist also ein Begriff für eine Tätigkeit, die man dann in der Regel auch spielt. Blutige Heists.
Rahel:
[23:50] Genau, die Shadowrunner, das sind die Spielfiguren, Auftragskriminelle. Wie ungewöhnlich war das seinerzeit, dass man ein Rollenspielsystem auf den Markt bringt, wo man spezifisch Kriminelle spielt?
Mháire:
[24:00] Das ist schon eher ungewöhnlich. Also wenn wir uns die 80er anschauen, haben wir schon durchaus eine ziemliche Breite an verschiedensten Rollenspielen. Aber wir haben entweder welche, wo man schon eher klassisch Heldenfiguren spielt oder welche, die sehr weit gesteckt sind, wo du im Grunde einfach sagen kannst, ich möchte irgendetwas in dieser Welt spielen. Dass man aber spezifisch sagt, ihr seid Leute, die genau diese eine Sache machen, nämlich als Profiverbrecher arbeiten, das war schon neu.
Rahel:
[24:29] Das Spannende ist ja dadurch, dass von den jeweiligen Abenteuern oder Szenarien das Konzept dann häufig eben, wie du es genannt hast, blutiger Heist sind. Wir haben jetzt einen Auftrag zu erfüllen. Daraus ergibt sich ja schon ganz natürlich eine typische Partyzusammenstellung, wie man sie, wenn man ehrlich ist, auch aus den meisten anderen Rollenspielen kennt. Man hat einen Kämpfer, bei Shadowrun sind das dann beispielsweise Straßensamurai. Man hat Technologiespezialisten, man hat Unterhändler, Magiebegabte und so weiter und so fort. Also eigentlich über die Story, wie das da aufgebaut ist, ergibt sich schon ganz selbst die spielerische Mechanik.
Mháire:
[25:01] Ja, zumindest eben davon, was für Charaktere man spielt. Straßensamurai hast du ja schon erwähnt, ein Begriff, den sie bei New Romancer geklaut haben.
Rahel:
[25:09] Ja.
Mháire:
[25:09] Ja, ganz freizügig. Aber nicht nur sie, das hat auch schon Cyberpunk, das Rollenspiel, sich da ausgeliehen. Und man hat das Face, das ist aber erst später mehr so ein fester Teil des Rollenspiels auch geworden. Also die Figur, die redet und sich rauswindet und die mit Unterhändlern verhandelt. Und wir haben dann auch noch so ein paar Subklassen. Es gibt auch noch die Messerklauer, also jemand, der wirklich in den Nahkampf vor allen Dingen geht und in der Regel vercybert ist. Und dann gibt es noch die Rigger, die den Fluchtwagen fahren in der Regel oder ferngesteuerte Dinge durch die Gegend schicken. Und ganz wichtig, die Decker. Die hießen zwischendurch auch mal Hacker, jetzt heißen sie wieder Decker. Das sind die Leute, die in der Matrix, also im Cyberspace, agieren und da Sicherheitsmaßnahmen ausschalten, Kameras in die andere Richtung drehen, Türen öffnen, gegen KIs kämpfen und Geheimnisse stehlen. Und Magier.
Rahel:
[26:06] Ich möchte an dieser Stelle betonen, also vorab, kurze Warnung, aber einige Bereiche meines Hirns sind über das Alter 12 nie herausgekommen. Ich finde die Wortwahl von Shadowrun an einigen Stellen etwas unglücklich.
Mháire:
[26:18] Ja.
Rahel:
[26:18] Also, ich habe noch nie so viel in einer Vorbereitung für eine Stay Forever-Folge übers Decken nachgedacht. Und das wird auch nicht besser, wenn man dann nachliest, dass es auch noch eine Spielmechanik namens Edge gibt.
Mháire:
[26:33] Vielen Dank, Rahel. Ich habe größtenteils diese Verbindung nicht gezogen, weil sie für mich so selbstverständlich erst aus dem Rollenspiel bekannt war, weil ich damit mit 14 oder so angefangen habe. Ja, schön, super, danke.
Rahel:
[26:48] Gern geschehen für diese kleine Außenperspektive.
Mháire:
[26:51] Ja, ich lache über den Begriff Deck-Offizier, aber über das Decken hier noch nicht. Decker, weil sie ein Cyber-Deck mit sich herumschleppen. Das ist eben aus dem Englischen direkt übernommen. Also ein Deck, wie man auch ein Deck of Cards sagt. Also ein fertiges Set, in dem Fall an Technologie, das man sich anstöpselt und damit dann die Matrix geht. Da kommt der Begriff her.
Rahel:
[27:12] Nichts Unlauteres.
Mháire:
[27:13] Nein. Also ich meine, es gibt eine Menge unlautere Dinge in dieser Welt, aber in dem Fall ist da nichts mit gemeint.
Mháire:
[27:20] Ich denke, über Matrix müssen wir auch reden.
Rahel:
[27:22] Definitiv, ja.
Mháire:
[27:23] Matrix, wie gesagt, taucht auch schon mal als Begriff in Neuromancer auf, ist dann hier übernommen worden als ein Hauptbegriff für ein Cyberspace. Und der Cyberspace ist dann auch eben, wie aus den Cyberpunk-Vorlagen entnommen, etwas, was so als halluzinatorisch-visuelles Ding, als Virtual Reality im Grunde umgesetzt wird. Und in der man sich dann auch als seinen Avatar durch die Gegend bewegt und damit interagiert. Und das ist immer schon eine absolute Krugs gewesen in diesem Spiel, wie das umgesetzt wird. Mal mehr, mal weniger glücklich, meistens weniger und wie das logisch funktioniert oder eben nicht. Aber es ist ein Kernelement des Settings und auch des Spiels und man muss immer sich entscheiden, welchen Tod man stirbt, also welche dysfunktionalen Regeln man dafür verwenden will.
Rahel:
[28:12] Das ist übrigens das Erste, was man über Shadowrun erfährt, wenn man sich mit Leuten über das Spielsystem, also das Pen-and-Paper-Spielsystem unterhält. Alles toll, alles klasse, aber die Matrix.
Mháire:
[28:23] Aber die Matrix.
Rahel:
[28:25] Dass das spielmechanisch doch ein Problem ist.
Mháire:
[28:28] Ja, sie haben immer wieder neu versucht, das zu lösen. Aber worüber du meistens stolperst und worüber auch ich zahlreiche Geschichten erzählen kann, ist, dass es in der Regel die Gruppe getrennt hat immer. Weil du hast die Leute, die im physischen Raum agieren und du hast die Person im Cyberspace. Die Person im Cyberspace, nach den meisten Regelsätzen, agiert sehr, sehr viel schneller als die im physischen Space und macht im Grunde parallel ihre eigene Story und ihr eigenes Abenteuer. Das heißt, ja und jetzt ist der Decker dran und dann ist der Rest der Runde Pizza holen gegangen.
Rahel:
[28:57] Ja, das ist tatsächlich eher unglücklich für die Spielsituation. Man kann im Grunde genommen doch sagen, die Matrix ist das Internet aber in die Zukunft gedacht, richtig?
Mháire:
[29:05] Im Grunde ja, nur eben das Internet zu einer Zeit beobachtet, wo es noch nicht das Internet war, wie wir es kennen und dann in die Zukunft gedacht. Deswegen da eine Schere zwischen dieser Cyberpunk-Zukunft und unserer Realität ist. Ich meine, inzwischen haben wir alle festgestellt, dass virtuelle Realität eigentlich ziemlich kacke ist, um Informationen zu suchen und zu verarbeiten und zu strukturieren, aber sie ist eben cool. Und bei Shadowrun haben wir eine coole Version eines Internets und keine funktionale.
Rahel:
[29:33] Ich denke, da kommen wir später auch noch mehr drauf zu sprechen.
Rahel:
[29:36] Noch ein Begriff, den ich auf meinem Zettel hier habe, der immer häufig fällt. Cyberware. Wir hatten schon das Cyberdeck, aber die Menschen und Figuren sind ausgestattet mit Cyberware.
Mháire:
[29:48] Ja, zumindest die meisten. Das ist ein Begriff dafür, dass man sich technologische Dinge in den Körper einbaut, also zu einem Cyborg macht, sich selbst. Es wird in der Regel dann nicht von einem Cyborg geredet, sondern von vercyberten Personen. Und es gibt auch den Begriff Cyber-Zombie, also jemand, der so viel Technologie in sich drin hat, dass da nicht mehr viel Mensch übrig ist. Dafür gibt es diesen Begriff. Und das kann alles sein. Das können Implantate im Hirn sein, das können künstliche Augen sein, Leute haben sich ihre ganzen Beine ersetzen lassen und so weiter und so fort. Da gibt es irrsinnig lange Listen von verschiedenen Ausrüstungsgegenständen, wie man seinen Körper verbessern kann. Und es gibt parallel dazu noch die sogenannte BioWare, nicht das Studio aus Kanada, die sich aber, glaube ich, tatsächlich danach benannt haben, nach diesem Cyberpunk-Begriff der BioWare, weil sie ja durchaus Technologie und Hirn und Fantasie miteinander verbinden wollten. Da geht es darum, dass man sich künstlich gezüchtete Organe einpflanzt oder so etwas. Und das ist eben dieser transhumanistische Gedanke, der Cyberpunk auch von Anfang an eingepflanzt worden ist, dass irgendwann es die Technologie gibt, den eigenen Körper mehr oder weniger nach freiem Gutdünken, solange du genügend Geld hast, umzugestalten, damit er effizienter, besser oder auch einfach interessanter oder attraktiver wird.
Rahel:
[31:08] Ich denke, damit haben wir die wichtigsten Grundbegriffe. Lass uns doch mal einen Blick auf die Weltgeschichte legen. Wann Shadowrun spielt, beziehungsweise in welchem Zeitalter überhaupt, weil da haben wir ja schon einige wichtige Punkte. Im Laufe der Zeit hat sich das verändert, wann genau Shadowrun spielt, weil die erzählte Zeit mit den Editionen gegangen ist. Also die erste Edition ist 1989 erschienen. Dieses Shadowrun spielt dann auch in den 1950er Jahren. Und heute, in der sechsten Edition, sind wir allerdings in puncto erzählte Zeit in den 2080ern. Also so wie dann zwischen den Veröffentlichungszeiten 30 Jahre liegen, ist auch die Erzählwelt um 30 Jahre vorangeschritten. Das heißt, dieser Abstand von ungefähr 60, 70 Jahren, die Shadowrun in unserer Zukunft spielt, wird beibehalten.
Mháire:
[31:56] Genau. Die Historie wird ständig weitergeschrieben. Man kann grob sagen, 60 Jahre in der Zukunft. Aktuell sind wir storytechnisch, glaube ich, 2084. Da sind jetzt zuletzt die wichtigsten Dinge geschehen und es gibt immer Großereignisse, das hat sich inzwischen ganz gut eingependelt, die aufeinander folgen. Und mittlerweile ist die Tradition so ein bisschen, es gibt ein technologisches Großereignis und dann gibt es ein magisches Großereignis. Und dann gibt es wieder ein technologisches Großereignis und dann gibt es wieder ein magisches Großereignis. Was eben einen weltweiten Plot vorgibt und Aufhänger für Abenteuer ist und auch für neue Hintergrundwände, die liefern, was sind die neuen Erkenntnisse, wie hat sich die Welt verändert, welche Staaten gibt es noch?
Rahel:
[32:33] Dass Chadron so nah an unserer jetzigen Gegenwart spielt, ist wieder ein ganz spannender Cyberpunk-Griff. Vielleicht erinnern sich einige hier an die Fernsehserie Max Headroom, die den Nebentitel 20 Minutes into the Future hatte, also 20 Minuten in der Zukunft. Und das kann man eigentlich sagen, ist ein geflügeltes Wort im Cyberpunk. Also wir befinden uns in einer Zukunft, die aber nah genug an unserer Gegenwart dran ist, dass wir noch nachvollziehen können, was eigentlich alles falsch gelaufen ist in unserer Jetzt-Zeit. Also man erkennt ganz genau in Shadowrun, was sind so die Gegebenheiten von unserer Gegenwart, die völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Also deregulierter Kapitalismus, die wachsende Macht von global agierenden Unternehmen, Pandemien und so weiter und so fort. Das sind alles Dinge, die wir jetzt auch schon kennen, die in Shadowrun auf 180 aufgedreht werden.
Mháire:
[33:22] Ja, und das Faszinierende daran ist, als ich angefangen habe Shadowrun zu spielen, gab es noch keine Abweichung von der Realität in dem Sinne, als dass die entscheidenden Dinge so um 2000 rum anfangen, sich anders zu entwickeln von der Realität. Ich habe in den 90ern angefangen zu spielen und dann ist langsam die Abweichung größer geworden zwischen dem, was passiert und dem, was in Shadowrun vorausgesagt wurde.
Rahel:
[33:45] Ja, angefangen hat Shadowrun als eine Welt, die Voraussagen trifft. Heute würde man es dann Alternate History nennen, also eine Alternativweltgeschichte. Sprich, irgendwo in der Vergangenheit ist das Leben ein kleines bisschen anders abgebogen, als es in unserer Realität passiert ist. Ich vermute, dass wir da gleich auch drauf zu sprechen kommen.
Rahel:
[34:01] Ich würde vorher gerne erstmal über die großen Zeitalter sprechen, denn wie auch schon viele andere Welten, die wir in den Die Welt von folgen besprochen haben, gliedert sich auch Shadowrun in große Zeitalter. Und da, wo wir uns jetzt befinden, das ist die sogenannte sechste Welt.
Mháire:
[34:20] Ja, das beruht auf dem berühmten Maya-Kalender, wegen dem ohnehin auch eine ganze Menge Leute, die sich zu viel Sorgen um Maya-Kalender machen, dachten, dass 2012 rum die Welt enden würde, weil darin grob gesagt wird, es gibt eine Abfolge von Welten und es endet immer eine Welt nach einem bestimmten Zyklus und dann gibt es eine neue. Und so 2011, 2012 rum würde der Kalender eben enden. Und bei Shadowrun haben sie das einfach als dann den Startschuss genommen und gesagt, wir jetzt in den 90ern damals leben in der sogenannten fünften Welt, die dann aber 2012 abgelöst wird durch die sechste Welt und in der kehrt das Mana zurück, also die Magie. Die fünfte Welt ist einfach auf einem sehr niedrigen Level an Magie gewesen, weswegen wir keine Zauberei und sowas mehr hatten. Aber frühere Welten, also frühere Epochen der Weltgeschichte waren reicher an Magie, deswegen haben wir Geschichten über Drachen und Elfen und Zwerge und so weiter und so fort. Und 2012 kommt das alles zurück, beziehungsweise da ist das Ereignis und dann beginnen langsam übernatürliche Dinge zu passieren und zu erwachen.
Rahel:
[35:28] Dass überhaupt das Mana oder die Magie zurückkehrt, das hängt mit der Weltvorstellung zusammen, die bei Shadowrun zugrunde liegt. Nämlich, dass immer dann, wenn unsere Welt mit der Meta-Ebene, wenn diese zwei Ebenen sich sehr nahe sind und in der anderen Ebene gibt es dann sehr viel Magie, dann zapft unsere Welt quasi deren Magie-Pool an. Zumindest ist das das, wie ich es verstehe?
Mháire:
[35:50] Ja, das ist ziemlich komplex und das ist auch mit der Zeit durchaus mal umgeschrieben bzw. Erweitert worden. Aber es war schon sehr früh gesetzt, dass es andere parallele Welten zu unserer gibt, magische Welten, sogenannte Meta-Ebenen, die da draußen existieren und die auch ihre eigenen Zyklen von mehr und weniger Magie haben. Und je nachdem, wie wir uns zu denen verhalten und ob da Energien dazwischen fließen können, haben auch wir mehr oder weniger Mana. Das bedeutet aber durchaus auch, wie wir dann in letzter Zeit festgestellt haben, dass es da draußen andere Wesenheiten gibt, die daran interessiert sind, unsere Magie zu bekommen. Aber schon recht früh haben wir entschieden, dass Kreaturen auf jeden Fall von anderen Meta-Ebenen herüberkommen und die sind meistens nicht nett.
Rahel:
[36:32] Und teilweise sehr seltsam.
Mháire:
[36:34] Ja, eigentlich immer, aber vor allen Dingen auch nicht nett.
Rahel:
[36:38] Dann schauen wir uns doch mal einige Schlüsselereignisse an aus dieser Umbruchzeit von der fünften, also unserer Welt, zur sechsten erwachten Welt, wo die Magie zurückkehrt. Vorab vielleicht mal eine Frage von mir, die ja jetzt relativ neu in der Welt ist. Wie stark ist die Timeline über die Editionen hinweg neu geschrieben worden? Du hast gesagt, bei den Metaebenen ist es definitiv nochmal angefasst und geändert worden.
Mháire:
[37:01] Es ist erweitert worden, weil viele von den neueren Storylines sich um Meta-Ebenen drehen und um Wesenheiten, die von dort kommen. Redconning bin ich mir relativ sicher, dass gar nicht so viel passiert ist, also höchstens ein paar kleine Sachen angefasst wurden. Zumindest nichts, was ich jetzt groß habe, aber wir können später noch jemanden fragen, der sich damit auskennt.
Rahel:
[37:24] Sehr gerne.
Mháire:
[37:25] Weil wir uns noch den Chefredakteur für Shadowrun in Deutschland schnappen werden. Aber vor allen Dingen ist die ganze Sache immer fortgeschrieben worden. Und deswegen gibt es dann durchaus die Momente, wo es hieß, ah, wir dachten, es ist X, aber tatsächlich haben wir jetzt rausgefunden, die Realität ist eigentlich Y. Also, dass mehr rausgefunden wurde und damit erweitert wurde, aber nicht, dass wirklich rückwirkend groß Dinge umgebaut wurden.
Rahel:
[37:47] Okay, interessant, weil es gibt so einige Punkte, würde man heute nicht nochmal so machen? Da hat es mich einfach interessiert, ist das immer noch offiziell Kanon oder wird das inzwischen unter den Teppich gekehrt? Aber nun gut.
Mháire:
[37:58] Meinst du die Krankheitswellen?
Rahel:
[38:00] Ich meine den Primitivismus, den es in einigen Stellen gibt.
Mháire:
[38:04] Ja, der große Geistertanz. Nein, der ist immer noch Kanon.
Rahel:
[38:07] Okay, ja, dann würde ich doch sagen, tauchen wir doch mal ein.
Rahel:
[38:10] Aber im Grunde genommen, wo wir anfangen müssen, ist die Jahrtausendwende, also ungefähr die Jahre 1999 und kurz danach. Denn da werden die Grundsteine für die Macht der Konzerne gelegt. Das geht in Shadowrun auf Gerichtsurteile zurück, die unter anderem es Konzernen möglich machen, Privatarmeen zu unterhalten und später ihnen auch Exterritorialität zuweisen. Das heißt mit der Begründung, dass Konzerne in erster Linie ihren Kunden und nicht den Regierungen verpflichtet sein sollten, werden immer mehr Regulierungen abgeschafft und den Konzernen wird ein immer größerer Handlungsspielraum ermöglicht.
Mháire:
[38:49] Die haben auf einmal ihre eigenen Gelände, die sie selber verwalten und dort die eigene Security, Armeen aufstellen und können nicht mehr wirklich von Staaten angefochten werden in dem, was sie dort tun.
Rahel:
[39:02] Ist uns auch heute völlig fremd der Trend zu immer größeren, mächtigeren Konzernen. Aber gut. 2010 kommt es dann zu einer globalen Katastrophe, nämlich taucht erstmals das virusinduzierte toxische Allergiesyndrom, kurz VITAS, auf. Und ein Viertel der Menschheit siegt dahin, was zur Folge hat, dass viele Regierungen zusammenbrechen oder zumindest maßgeblich umstrukturiert werden. Und daraus entsteht natürlich ein Machtvakuum, was von Konzernen gefüllt wird. Das heißt, die Konzernmacht wird wieder größer.
Mháire:
[39:33] Teilweise eben mit der Maske von A, wir helfen doch nur. Das ist die erste Vitas-Welle, das Virus-induzierte toxische Allergiesyndrom.
Rahel:
[39:42] Das ist alles gleichzeitig.
Mháire:
[39:44] Ja, es ist alles gleichzeitig. Also es ist im Endeffekt ein Catch-all-Begriff für Leute sterben an extremen allergischen Reaktionen, die durch diesen Virus ausgelöst oder verstärkt werden und ersticken im Grunde. Davon gibt es mittlerweile drei Wellen, die über die Welt gewandert sind und immer mal wieder die Menschheit ausgedünnt haben und zu der allgemeinen Hoffnungslosigkeit des Settings durchaus beitragen.
Rahel:
[40:08] Das möchte ich übrigens sagen, ich war schockiert, wie dystopisch Shadowrun ist. Also da gibt es ja wirklich gar keinen Lichtblick.
Mháire:
[40:14] Ja, nee, wir haben es verbockt. Naja, es gibt immerhin Green War, weil Green Peace nicht mehr reicht. Also Ökoterroristen.
Mháire:
[40:22] Dann sind wir schon bei 2011, 2012. Magie kehrt zurück, die sechste Welt beginnt. Und da gibt es einen Stichpunkt, der ganz berühmt ist. In Japan taucht ein Drache auf und leistet sich ein Wettrennen mit dem Shinkansen, also mit dem Schnellzug. Das ist dann auch ein Drache, der später in Japan recht wichtig wird, Ryumyo, der mit als erster aufgewacht ist. Das ist nämlich so die Geschichte. Die Drachen sind extrem mächtige Wesenheiten in Shadowrun. Hochintelligente magische Bestien, die weitfähiger und zäher und vor allen Dingen auch langlebiger als Menschen und andere rumlaufende Zweibeiner sind und die schlafen teilweise schon seit der letzten magischen Flut in der vierten Welt, haben einfach die gesamte Neuzeit verpennt und noch länger und wachen jetzt erst wieder auf, strecken sich so ein bisschen und machen halt Wettrennen mit Stellzügen. Warum nicht?
Rahel:
[41:12] Dadurch, dass die Magie in die Welt zurückkommt, passieren so Dinge wie, dass beispielsweise schamanistische Rituale von indigenen Völkern plötzlich eine Wirkung zeigen, aber auch, dass es zu einer ungeklärten genetischen Expression kommt. Uge kommt. Schon wieder so eine tolle Abkürzung. Das heißt, plötzlich werden ungewöhnliche Kinder geboren, die aufgrund ihres Aussehens dann von den Medien auch schnell Fantasy-Namen verpasst kriegen, wie Zwerge, Elfen. Dinge, die wir eben aus der Folklore, teilweise aus der Mythologie, kennen. Heißt aber auch, dass wir schon direkt wieder die nächste Seuche um die Ecke haben, nämlich das menschlich- metamenschliche vampirische Virus. Metamenschlich bezeichnet hier oder bedeutet, dass das eben nicht nur den ursprünglichen Menschen betrifft, sondern auch diese neu auftretenden Menschen, also Zwerge, Elfen und so weiter. Und dieses Virus, dieses vampirische Virus, erschafft jetzt zu allem Übel auch noch Gule, Vampire und andere Monster. Und das kann es nur wegen der Magie. Das ist also eine Mikrobe, die ihre Virulenz nur in der erwachten Welt entfaltet.
Mháire:
[42:15] Und jede metamenschliche Version, also der Standardmensch, Elfen und Zwerge, die es zu dem Zeitpunkt schon gibt, es kommen dann noch weitere dazu, wird auch zu einer anderen Art von Vampir. Elfen, es gibt dann auch die Bezeichnung Homo sapiens nobilis, ja, der edle, weise Mensch. Die werden nicht zu Standardvampiren, sondern die werden direkt zu Banshees. Die sind dann gruseliger und eleganter. Du hast auch schon Ghoul erwähnt, das ist dann noch eine weitere Mutation des menschlichen, metamenschlichen Vampirismus-Virus. Das ist die sogenannte Krieger-Variante. Das sind dann also eher die weniger ansehnlichen Untoten. Also auch wenn die nicht wirklich untot sind, entsprechen sie schon den meisten Vampir-Klischees in ihren Fähigkeiten und in ihren Verletzlichkeiten. Und die sind dann eher so die Max-Schrecks, die durch die Gegend ziehen und Menschenfleisch essen. Yay!
Rahel:
[43:00] Das heißt, mit der Rückkehr von der Magie in die Welt 2011 können auf einmal nicht nur einige Leute zaubern, sondern es treten damit auch auf einmal sehr andere Wesen in Erscheinung.
Rahel:
[43:12] 2017 haben wir dann den eben schon kurz angeteaserten großen Geistertanz.
Mháire:
[43:17] Du hast vorhin schon gesagt, der Primitivismus. Man muss sagen, dass das Spiel das mit allerbester Absicht getan hat vom Design her und gesagt hat, dass eben die Leute, denen das Land, das dann zu dem Zeitpunkt die USA sind, größtenteils gestohlen oder vorsichtig gesagt unter stärkster Gewaltandrohung abgenommen wurde, es sich zurückholen durch ihre eigenen spirituellen Traditionen, die eine ganz neue Machtentfaltung haben. Und es gab tatsächlich historisch verbriefte Fälle von versuchten Geistertänzen, die aber eben keine Wirkung entfaltet haben in der Realität und deswegen in der Regel tragisch geendet sind. Aber hier passiert es jetzt, dass mehrere von den ursprünglichen Nationen, ich glaube vor allen Dingen geht es da um die Sioux, wobei ich glaube, dass gar nicht die korrekte Bezeichnung ist, sondern das sind Lakota. Aber nage mich da bitte nicht drauf fest, das ist nicht mein Fachgebiet. Aber dass mehrere von diesen Nationen eben dann sich ihr Land zurückholen und sagen, hey, ihr habt euch nie an die Verträge gehalten, ihr habt euch das mit Gewalt genommen, das machen wir jetzt auch. So, das sind jetzt unsere. Und dadurch etablieren sich auch diese Nationen wieder tatsächlich als international anerkannte, große und durchaus mächtige Staaten, die große und entscheidende Player werden. Und das finde ich tatsächlich eine sehr coole Absicht, zu sagen, ja, hier ist eine Lakota Nation und dann zurückgehen auf ähnliche Verwaltungsformen, weil die teilweise schon eine sehr, sehr fortschrittliche Demokratie hatten, bevor weiße Leute dahin kamen und so etwas. Also es ist eigentlich cool gedacht, nicht immer ganz gut umgesetzt.
Rahel:
[44:45] Nein, absolut. Ich möchte das auch jetzt nicht schlecht reden. Kudos allein schon, dass Shadowrun überhaupt im Blick hat, dass es verschiedene indigene Kulturen und Nationen gibt und dass nicht alles ein Volk ist. Aber es gibt so ein paar Details. Kommen wir wahrscheinlich noch in der, ich sag mal, Meta-Besprechung dazu. Aber gut.
Mháire:
[45:01] Also es wird da schon sehr viel romantisiert mit Seelentieren und sowas alles und sich auch wild ausgeliehen, das muss man sagen. Jetzt haben wir die USA umgekrempelt und im weiteren Verlauf der Story haben wir eben keine USA mehr und auch kein Kanada mehr, weil auch die First Nations in Kanada ihr Land teilweise sich zurückholen, sondern wir haben die UCAS, die United Canadian and American States. Das ist jetzt der neue Machtblock mit teilweise auch dann eigenständigen kleineren Regionen drin, natürlich auch Konzernregionen. Es gibt auch noch einen Elfenstaat, der da mittendrin entsteht, weil die Elfen als neue Metamenschheit können nicht einfach nur sagen, ja, wir gehören irgendwie dazu, sondern die wollen alle ihre Extrawurst und gründen mehrere nur für Elfen gedachte Staaten, wie zum Beispiel Thierre Terngayer. Und lustigerweise ist der Fokus auf Seattle, was dann so im Nordwesten teilweise eben von den Native American Nations, vom Rest abgeschnittenen, so in Exklave der UCAS ist und irgendwie zu einem verregneten Knotenpunkt der Storylines wirbt eine ganze Weile.
Rahel:
[46:06] 2021 passiert allerdings nochmal was mit der Menschheit, nämlich die Goblinisierung beginnt. Bei lebendigem Leib wachsen einigen Menschen, das ist sehr schmerzhaft, Hörner oder auch Hauer, Trolle und Orks erscheinen.
Mháire:
[46:21] Ja, Elfen und Zwerge werden als Elfen und Zwerge geboren und die ersten Trolle und Orks, die verwandeln sich auf einmal mitten im Alltag. Ziemlicher Horror für die meisten Leute. Und das sind auch die weniger märchenhaft hübschen Metamenschen. Und es entwickelt sich sehr schnell eine ganze Reihe von Vorurteilen. Positive wie negative. Und im Verlauf gibt es dann eben auch so Bewegungen wie die Oxploitation oder dass die Leute sich künstliche, fantasy-inspirierte Kulturen geben, um eine Identität zu schaffen und so weiter. Das ist alles halt übersarkastisch, eine Betrachtung und Überspitzung davon, wie sich der Kapitalismus eben auch Indigenen oder Subkulturen und dergleichen bedient. Und das Shadowrun lagert auch Rassismus und Rassismen aus auf den Umgang von Menschen und Metamenschen miteinander. Es gibt ein berühmtes Zitat, warum solltet ihr dich die Hautfarbe kümmern, wenn da ein Typ mit Hauern steht? Vom Designgedanken her einfach, wir wökeln keinen echten Rassismus in unserer Welt, weil wir kein Interesse daran haben, das zu einem Thema zu machen unseres Spiels. Aber für unsere dystopische Welt haben wir die gleichen Gedankenwege und die gleiche Art, wie die Vorurteile funktionieren, nur eben projiziert auf unterschiedliche Meta-Menschen-Typen.
Rahel:
[47:36] Wir haben jetzt bisher viel Zeit damit verbracht, was es konkret bedeutet, dass die Magie zurückgekehrt ist und wie sich auch die Landkarte anfängt zu verändern. 2029 haben wir dann ein Event, was mal wirklich auf die technologische Seite schlägt, nämlich da haben wir den ersten großen Matrix-Crash.
Mháire:
[47:52] Die Matrix crasht und wird neu aufgebaut und wird dann zu dem großen Halapalooza mit Verbrechern und gemeinsamer Online-Halluzinationen, 3D-Space und so weiter und so fort. Das ist die Grundlage eben dafür, dass man diese riesige Datenautobahn hat, die auch kontinuierlich überwacht wird, sodass man schon ein bisschen aufpassen muss, aber das ist die Geburtsstunde dieses Cyberpunk-Spielplatzes.
Rahel:
[48:17] Unter anderem deswegen auch, weil das Echo Mirage Team geschaffen wird, dass mithilfe moderner Hacking-Werkzeuge, also sprich Cyberdecks, das Crash-Virus bekämpfen soll, das überhaupt diesen großen Absturz herbeigeführt hat. Das ist also die eigentliche Geburtsstunde vom Shadowrunner-Gewerbe.
Mháire:
[48:35] Beziehungsweise vom Decking auf jeden Fall.
Rahel:
[48:37] Oder vom Decking, genau.
Mháire:
[48:38] Also die Technologie dafür, sich direkt mit seinem Hirn in die Matrix einzuloggen, die wird dafür geschaffen, dieses Virus zu bekämpfen, dieses Phänomen. Und naja, Dinge werden für den militärischen Gebrauch erfunden und dann irgendwann hast du eine Teflonpfanne. Nur in dem Fall ist die Teflonpfanne eben eine Buchse in deinem Hirn, in die du dich einsteckst, um einkaufen zu gehen online.
Rahel:
[48:59] Da sieht man auch ganz schön, dass Shadowrun seine Wurzeln Ende der 80er hatten, weil die Vorstellung, dass man sich tatsächlich mit Kabel verbinden muss mit der Matrix, wirkt heute etwas anachronistisch.
Mháire:
[49:12] Ja, die neueren Varianten haben auch das alles mit WiFi, aber damals hat man sich tatsächlich noch überall wirklich physisch eingesteckt. Und ich muss sagen, das hat schon seinen Reiz, diese Vorstellung, also dieser Retro-Futurismus, dass du überall Klonk, Schlack, Plöck, Kabel einstecken und Hebel umlegen musst und so etwas, um dann total futuristische Sachen zu machen.
Rahel:
[49:34] Das ist nun mal auch jetzt die Historie, wo wir uns zur ersten Edition befinden. Wir hatten ja eingangs gesagt, die spielt in den 2050er Jahren. Da spielen auch viele der Shadowrun Videospiele. Das ist also wirklich noch diese Zeit, wo die Technologie in Shadowrun eben sehr haptisch ist mit Kabeln. Ab der dritten Edition ungefähr sind wir dann aber schon eigentlich eine ganze Ecke weiter.
Mháire:
[49:56] Die dritte Edition ist, glaube ich, die, die die allermeisten Leute in Deutschland gespielt haben. Es gab sogar eine sehr spezifische deutsche Edition, die 301D, leicht überarbeitete deutsche Version der dritten Edition, die die meisten Leute mitgenommen hat. Und das waren dann schon die 2060er und bis in die 2070er hinein. Mittlerweile sind wir bei der sechsten Edition, die wie gesagt in den 2080ern ist. Und man muss dazu sagen, dass in der Welt sich so irrsinnig viel dann erst von der dritten zur vierten Edition tut. Gut, da gibt es nämlich dann wieder einen Matrix-Crash und das war dann auch der Grund dafür, dass einige Dinge an Regeln sich geändert haben und die ganze Variante wie Decking und Hacking funktioniert, ein bisschen überarbeitet wurde und so etwas. Aber mit der dritten Edition, das ist Peak Shadowrun, würde ich heutzutage sagen. Das ist das, woran man denkt, wenn man an 90er Jahre, frühes 2000 Shadowrun denkt.
Rahel:
[50:50] Würdest du denn sagen, es gibt noch weitere Schlüsselereignisse, die wir an dieser Stelle unbedingt nennen müssen, damit die Leute verstehen, worum es in Shadowrun geht?
Mháire:
[50:58] Im Grunde sind die meisten weiteren Ereignisse einfach nur krasse Verschärfungen von dem, was wir schon hatten, also technologische Katastrophen. Es gibt nochmal einen Matrix-Crash, der durch das Eingreifen von künstlichen Intelligenzen ausgelöst wird, unter anderem. Es gibt noch eine technologische Katastrophe damit, dass Nanobots ausbrechen, in die verschiedenste Persönlichkeiten hochgeladen werden und die Leute dann fragmentieren. Also dass in den Körpern von infizierten Leuten mehrere Persönlichkeitsfragmente dann ums Überleben kämpfen und da eine ganz neue Klasse von Intelligenz entsteht, also von in diesen Nanobots existierenden Wesenheiten. Und auf der magischen Seite gibt es ein paar Katastrophen, die vielleicht ganz spannend sind, insofern als dass es, wir hatten es schon erwähnt, es gibt die Meta-Ebenen, da Besucher von gibt. Und wir haben zum Beispiel eine Invasion von Insektengeistern, denen auch ganze Städte zum Opfer fallen können. Jetzt muss man dazu sagen, Geister gibt es überall. Ja. In der Welt existierende, nichtmenschliche, intelligente, lebendige, rein aus Magie bestehende Wesenheiten, die häufig eine Manifestation von Naturkräften sind, aber auch unterschiedliche andere Aspekte annehmen können. Die kann man auch beschwören, mit denen kann man interagieren, die gibt es in unterschiedlichen Machtstufen und in unterschiedlicher Freundlichkeit.
Mháire:
[52:22] Und Insektengeister sind Tiergeister, die aber für menschliches Leben überhaupt nicht gut sind. Die schlüpfen in der Regel in menschliche Körper herein, verwandeln die Stück für Stück in Insekten und versuchen einen Schwarmstock von riesigen magischen Monsterinsekten aufzubauen. Also das ist im Grunde einfach ein Horrorfilm zum Mitspielen. Und das war auch ein großes Ereignis, das ziemlich cool war. Und in letzter Zeit gibt es eben noch mehr Einfluss von anderen Meta-Ebenen, dass alienhafte Bewesenheiten von einer Ebene namens DISS versuchen, unsere Magie zu stehlen und dafür auf alle verschiedensten Gruppierungen und dergleichen Einfluss ausüben weltweit, um das durchzusetzen. Ansonsten Drachen. Drachen sind sehr wichtig. Und eine der interessantesten Sachen ist, dass es einen Drachen gab, der einen Tag der Präsident der UCAS war und an demselben Tag ermordet wurde. Und dessen Tod und möglicherweise Wiedergeburt inzwischen und so weiter und so fort, hat auch ganz viel weltweit verändert an Machtstrukturen. Und das war’s. Ich glaube, das ist das Wichtigste, was man wissen muss.
Rahel:
[53:21] Ich finde es spannend, dass man schon allein an der Historie oder an der erzählten Geschichte von Shadowrun erkennt, wie sehr sich das Spiel und diese Welt weigert, in ein bestimmtes Genre reinzupassen.
Mháire:
[53:33] Es probiert auch ständig neue, bizarre Dinge aus. Es ist ein bisschen so, gerade bei den früheren Editionen hat man den Eindruck, ah, ich sehe, was die Leute, die das geschrieben haben, zuletzt an Horrorfilmen gesehen haben. Oder welches Buch sie cool fanden. Und dann findet das Niederschlag in den Abenteuern, die es gibt und in den Storys.
Rahel:
[53:50] Lass uns mal auf die Weltkarte zu sprechen kommen. Wir haben jetzt eben schon kurz erwähnt, das Hauptsetting ursprünglich ist Seattle. Da spielt ja auch beispielsweise das Super Nintendo Spiel. Aber die Weltkarte in Shadowrun ist eigentlich ziemlich detailliert ausgearbeitet. Also wenn man spielen möchte, gibt es für so ziemlich jedes Setting, ist mein Gefühl, auch irgendwo ein Quellenband, damit man sich austoben kann. Die Weltkarte hat sich zu dem, wie wir es heute kennen, auch bedeutend geändert.
Mháire:
[54:15] Ja, also vor allen Dingen gab es viel Staatenkollaps und Neugründung von neuen Staaten und das hat auch eben die Kerngebiete, wo Shadowrun viel gespielt wird, betroffen, nämlich Nordamerika und Zentraleuropa. Aber man muss schon sagen, dass sehr viel weniger im Detail gesetzt ist über den Rest der Welt. Aber es gibt da Infos zu, was sich da verändert hat. Ich habe auch mal ein Abenteuer geschrieben, das in Südafrika spielt. Und da sind auch einige interessante Dinge passiert, in Süd- und Westafrika vor allen Dingen. Da gibt es unter anderem eine Nation von Untoten. Warum auch nicht? Aber wir haben zum Beispiel auch das Vergnügen, dass Deutschland vollkommen zerfällt in die Allianz deutscher Länder. Wir werden also wieder zu einem Konglomerat von Kleinstaaten unterschiedlichster Couleur.
Rahel:
[55:03] Das ist generell eine Sache, die man sieht anhand der Shadowrun-Landkarte. Der Trend ist, dass die Zukunft, wie wir sie in Shadowrun sehen, eigentlich ziemlich rückschrittig ist an vielen Stellen. Also in Nordamerika steht auch der tiefe Süden wieder auf. Also im Grunde genommen gibt es die konföderierten Staaten wieder. Europa zerfällt irgendwie in so viele kleine Herzogtümer, in Königreiche. Mit eben den Native American Nations haben wir auch dann so die Idee von einer Ethnokratie, die auf einmal hervortritt. Also das ist an vielen Stellen doch verknüpft an Dinge, die wir schon gesehen haben in unserer Vergangenheit.
Mháire:
[55:38] Ja, es bewegt sich von Einheit und Demokratie wieder weg. Was ja dazu passt, dass wir eben diese Dystopie mit Konzernherrschaft haben, denn der Kapitalismus will ja nicht gemeinsame Einheit und Demokratie. Im Grunde entwickelt sich die Welt in ein Spielfeld, wo die Oligarchen recht freie Hand haben in jeder Hinsicht.
Rahel:
[55:58] Schauen wir uns aber genauer an, was das konkret bedeutet. Ich würde vorschlagen, wir fangen mal in Nordamerika an, eben weil da das ursprüngliche Hauptsetting Seattle war. Das besteht aus mehreren Staaten, Stadtstaaten. Das ist also eine völlig andere Struktur zerfallen, beziehungsweise neu geformt worden, als wir es heute kennen. Viele von diesen neuen Bündnissen haben wir ja auch schon kurz erwähnt, wie die UCAS, also die Vereinigten Kanadischen und Amerikanischen Staaten, die interessanterweise ihren Sitz in Denver haben offiziell.
Mháire:
[56:27] Ja, warum auch nicht? Also ich glaube, Denver war sicher. Zu dem Zeitpunkt, als man sich dafür entschieden hat und überall anders fanden Katastrophen statt.
Rahel:
[56:36] Ein typisch amerikanischer Vanier ist Denver aber, so wie ich das verstehe, gar nicht mal so wichtig, sondern die eigentlich interessanten Städte sind eher Detroit und Boston, Seattle natürlich.
Rahel:
[56:47] Und was ganz seltsames ist, mit Chicago passiert. Da gibt es nämlich die Geisterinsekten. Und das habe ich nicht verstanden.
Mháire:
[56:53] Also wie gesagt, diese Insektengeister sind im Grunde eine Invasion von einer anderen magischen Welt aus. Also ursprünglich wusste man das nicht, dass es inzwischen mehr oder weniger der Kenntnis stand, zumindest mit Leuten, die sich damit beschäftigen, dass die aus einer anderen Welt kamen. Und es ist eben eine Body-Horror-Infektion irgendwo zwischen die Fliege und das Ding. Und hat dort Leute übernommen, die dann eben ein Schwarmbewusstsein Stück für Stück gebildet haben. Und es ist extrem schwer, die loszuwerden. Das hat man in Chicago auch mehrfach versucht und kommen immer wieder Ausbrüche. Diese Monstrositäten können sich eben irgendwo vergraben oder verschwinden. Beziehungsweise die Geister an sich sind ja nicht physisch. Wenn man den Körper tötet, heißt das nicht, dass man den Schwarm tatsächlich getötet hat. Also die Infektion kann wiederkommen. Das ist alles extrem schwierig, loszuwerden. Also es ist ein magisches, infektiöses und eine andere Spezies übernehmendes Schwarmbewusstsein.
Rahel:
[57:51] Es ist vor allem wirklich eklig.
Mháire:
[57:53] Ja, es gibt da unter anderem ein Cover, wo man eben eine Person sieht, die sich in so einen Insektengeist verwandelt. Ein berühmter, man könnte Filmstar sagen, das heißt anders, ein Simpsons-Star, die im wahrsten Sinne des Wortes eine Wespenteile entwickelt. Und es ist im Grunde so, nimm die Fliege und mach’s ein bisschen sexy. Also ich persönlich mag Body Horror sehr.
Rahel:
[58:13] Ich auch.
Mháire:
[58:14] Dementsprechend fand ich das schon verdammt cool.
Rahel:
[58:17] Das finde ich auch. Ich finde es nur währenddessen auch wirklich eklig.
Mháire:
[58:20] Ja, beides ist wahr.
Rahel:
[58:21] Diese Invasion hat letztlich dazu geführt, dass Chicago eine Quarantänezone ist. Ich weiß, dass Boston auch eine Quarantänezone ist. Also wir haben überall diese Städte, in denen Dinge passieren und die dann wirklich so alle ihr ganz eigener Spielplatz werden, ihren ganz eigenen Flavor auch kriegen.
Mháire:
[58:37] In Boston haben wir diesen Ausbruch von Nanobots, die Leute übernehmen und andere Persönlichkeiten in sie reinpflanzen teilweise. Deswegen soll man nicht mehr nach Boston gehen und niemand aus Boston soll aus Boston rausgehen, idealerweise.
Rahel:
[58:50] Ja, zum Westen hin haben dann eben die Native American Nations ihre Territorien. Also sprich, weite Teile der westlichen USA und Kanadas gehen jetzt an die Native American Nations. Im Süden haben wir die Konföderation amerikanischer Staaten.
Mháire:
[59:05] Ja, als sie das ursprünglich geschrieben haben, dachten wir noch, haha, das wird niemals passieren.
Rahel:
[59:09] Das hat einen bitteren Beigeschmack.
Mháire:
[59:11] Aber ja, es gibt wieder eine neue Konföderation, die halt eben vor allen Dingen von Florida rüber bis Teile von Texas übernommen haben. Kalifornien hat sich selbstständig gemacht. Das ist ein Freistaat. Auch nicht unrealistisch, glaube ich.
Rahel:
[59:24] Warten wir auch schon seit vielen Jahren drauf.
Mháire:
[59:26] Und dazwischen haben wir eben so einen Grittel an Native American Nations, wie eben die Sioux Nation, das Salish Shredha. Ich weiß nicht, wie man es ausspricht. Muss ich sicherlich sagen, ich sehe es immer nur geschrieben. Das ist Washington State und dann nach Kanada rein das Gelände die Pueblo Corporation, das Pueblo Corporate Council. Weite Teile von Kanada sind eben auch wieder an die First Nations gegangen mit dem Athabaskan Council und den Algonquin Manitou Council. Und im Grunde ist nur der Osten Kanadas noch Teil der UCAS. Hat sich einiges getan und mittendrin ein Staat nur für Elfen. In den nördlichen Rocky Mountains sitzt Thirngayr, ein magisches Elfenland, das berühmt ist für seine magischen Sondereinsatztruppen und dass man die Grenze nicht überschreiten darf und sich gefälligst fernhalten soll.
Rahel:
[1:00:17] Werfen wir den Blick dann etwas in den Süden, in Richtung des ehemaligen Mexikos. Da haben wir dann Aztlan, was das Staatsgebiet eines Megakonzerns ist. Das ist wieder dieser ganz schöne Kniff. Irgendwann werden einige Konzerne so mächtig, dass sie im Grunde genommen ihre eigenen Staaten werden. Und genau das ist eben mit Aztlan passiert, was das ehemalige Mexiko umfasst, aber auch Teile von Arizona, New Mexico, Teile von Texas. Und das erstreckt sich im Süden runter bis nach Kolumbien.
Mháire:
[1:00:44] Ja, ich wollte gerade sagen, Guatemala und so sind da auch alle mit drin aufgegangen. Also ganz Mesoamerika und Stücke von Nord- und Südamerika sind mit drin. Und das gehört Ads Technology, was ein Konzern ist, der Magie und Technologie verbindet. Ads Technology ist dafür bekannt, nicht unbedingt immer moralisch ganz vertretbare, aber Spitzenforschung in Sachen Magie zu betreiben. Blutmagie, weil Leute nicht über Mesoamerika schreiben können, ohne über Blutopfer zu reden, fürchte ich. Ja, it is what it is.
Rahel:
[1:01:13] Das andere Setting, was sehr gut ausgearbeitet ist, das hast du ja eben schon erwähnt, Europa. Insbesondere die deutsche Region oder sagen wir mal Zentraleuropa. Da steckt viel alte Weltmagie mit drin, ist mein Eindruck. In England gibt es Druiden, man bedient sich auch an den Mythologien der verschiedenen europäischen Kulturen. Im heutigen Irland haben wir nochmal so eine Elfen-Nation.
Mháire:
[1:01:36] Tiernanon, ja, das Land der Unsterblichen aus irischen Märchen.
Rahel:
[1:01:40] Genau, das ist ein Name, der explizit aus Märchen bzw. Mythologie entlehnt ist. Also auch da wieder, man sieht ganz schön, Shadowrun erfindet das Rad nicht neu. Es nimmt viel Altes und mischt es neu zusammen.
Mháire:
[1:01:53] Ja, es begründet das damit, dass all unsere Märchen und Legenden ja insofern einen Funken Wahrheit enthalten, weil das Erinnerungen an die letzte Phase von Magie in unserer Welt sind. Und diese Elfenstaaten tatsächlich, da wird auch eine elfische Sprache gesprochen. Und da kommt natürlich die Frage auf, was, wenn die ersten Elfen überhaupt erst in den 2000ern geboren wurden? Wie kann das sein? Aber es gibt immer wieder diese Geschichte und wenn man sozusagen mit den Augen von uns, den Spielenden, die Bücher dazu lesen, betrachtet, ist das eine wahre Geschichte, dass es Elfen gibt, die so alt sind, dass sie auch noch aus der letzten Phase von Magie stammen und die bringen eben die Traditionen und so etwas wieder mit. Das heißt, es ist gleichzeitig sehr viel Bullshit, aber es gibt auch eine Jahrtausende zurückreichende Tradition von elfischer Kultur.
Rahel:
[1:02:43] Werfen wir dann den Blick auf das ehemalige Deutschland, dann sehen wir da erst mal allerhand Kleingemüse, das dann aber wieder vereint wird unter dem Deckbandel der Allianz Deutscher Länder.
Mháire:
[1:02:53] Ja, sieht wieder ein bisschen aus wie ein deutscher Bund.
Rahel:
[1:02:56] Ja.
Mháire:
[1:02:56] Lauter kleine Ländereien. Ich war zum Beispiel sehr amüsiert darüber, ich komme aus Westfalen und da gibt es einen Kirchenstaat. Das ist nicht falsch, das ist sehr katholisch die Gegend.
Rahel:
[1:03:07] Ja, das ist sehr passend ja.
Mháire:
[1:03:08] Es gibt früher Trollkönigreich und jetzt ist es eine Trollrepublik Schwarzwald, finde ich auch sehr sympathisch Und ganz viele lauter kleine Staaten dazwischen und sogenannte Megaplexe auch. Also wenn lauter große Städte miteinander zusammenwachsen zu einem Riesending, dann nennt man das ein Megaplex. Und wir haben zum Beispiel vor allen Dingen den Rhein-Ruhr-Megaplex. Das ist auch so sein eigenes Ding. Berlin ist eine Sonderzone und schafft es auch nie aus diesem Status so richtig wieder raus. Und überall gibt es halt, hier ist ein Fürstentum, da ist eine Mini-Nation, da ist eine Zone, wo wir nicht hingehen. Wir haben auch durch eine Mischung an schlechter Magie und dem Meltdown eines Atomkraftwerks Fläche in der Größe des Saarlands verloren. Und zwar größtenteils das Saarland. In der Eifel ist ein Vulkan ausgebrochen, weil ein Drache aufgewacht ist. Also es hat sich auch tatsächlich physisch teilweise an der Karte was verändert. Hamburg steht zur Hälfte unter Wasser. Weite Teile der Nordseeküste sind überschwemmt und toxisch vergiftet. Und im Osten und ich glaube auch teilweise dann nach Polen rein, gibt es das Herzogtum Pomoria, was unsere Elfen-Nation ist.
Rahel:
[1:04:18] Was ganz spannend ist, die Allianz der deutschen Länder, die hat ihre Hauptstadt in Hannover, auch sehr passend. Hansestadt, ehemaliges Königreich, passt wieder vom Flavor ganz gut rein. Die geben den Takt der europäischen Wirtschaft vor. Auch das haben wir schon mal gehört. Wenn man sich dann anguckt, was denn genau diese deutsche Wirtschaft und Industrie in Shadowrun ist. Da sehen wir beispielsweise den Megakonzern Säder Krupp, den Frankfurter Bankenverein, die AG Chemie. Es ist einfach sehr konsequent in die Zukunft gedacht, was mal so aus der deutschen Industrie werden könnte.
Mháire:
[1:04:50] Ja, wir bleiben bei unseren Leisten. Banken, Stahl- und Rüstungsindustrie. Yeah. Keine großen neuen Experimente, aber damit hält die ADL Europa auch so ein bisschen am Laufen in einer sich verändernden Welt. Es gibt zum Beispiel in Shedran inzwischen auch den Witz, dass China-Ware der Begriff für Spitzenware ist, weil wir technologisch inzwischen überholt worden sind und so weiter und so fort. Aber die Allianz deutscher Länder schleppt sich weiter irgendwie in die Zukunft, trotz allem.
Rahel:
[1:05:20] Was sind denn in deinen Augen Regionen und Landstriche, über die wir noch unbedingt sprechen müssen?
Mháire:
[1:05:24] Ich denke, wir sollten vielleicht zumindest kurz über Japan reden, was ja einen sehr, sehr großen Einfluss auf die Gesamtvorstellung dieser Welt hat, weil einige von den Großkonzernen sind japanischen Ursprungs. Da ist einer der ersten Drachen gesichtet worden und das ist gleichzeitig auch einer der Orte mit einem der unangenehmsten Umgänge mit den Leuten, die eine Grupplinisierung durchgemacht haben, also wo Leute, die wie Orks und Trolle aussehen, auf eine Insel geschickt werden. Also Japan ist durchaus mit ein Fokus dieses Settings, ohne dass es der Kern des Spiels ist, kurioserweise. Aber es wird immer wieder erwähnt.
Rahel:
[1:06:00] Ja, Neu-Tokyo gilt auch als Hochburg der Shadowrunner, richtig?
Mháire:
[1:06:05] Ist es auch, ja. Also mit als so eine Vorzeige-Variante davon, wie man sich eine Stadt oder einen Megaplex in der Zeit vorzustellen hat. Es gibt aber wenig, was tatsächlich dort spielt, muss man dazu sagen. Also die meisten Sachen, die hier rauskommen, sind schon storytechnisch in Nordamerika verankert. Und das betrifft dann dementsprechend auch den Rest der Welt. Es gibt, wie gesagt, einige spannende Dinge, die zum Beispiel auch in Westafrika passieren, wo, wie gesagt, es eine ganze Nation von Ghulen gibt, die dort eben einen Staat gründen und dementsprechend auch eine Art Schutzregion sind für Leute, die mit diesem menschlich-metamenschlichen Vampirismus-Virus in der Kriegerversion infiziert sind, die auch daran forschen, das Leben damit, sag ich mal, weniger gefährlich zu gestalten. Also das ist durchaus schon interessant. Und eine Sache, die wir eben gar nicht erwähnt haben und wo ich sage, das finde ich sehr gut, wenn wir über Nordamerika reden, Hawaii hat sich auch wieder selbstständig gemacht, ist wieder ein Königreich.
Rahel:
[1:07:09] Ah, also ähnlich wie Kalifornien ist den Weg der Selbstständigkeit gegangen. Okay.
Mháire:
[1:07:13] Beziehungsweise hat einfach zurückgezogen, dass sie sich überschrieben haben. So haben wir das nicht gemeint. Finde ich gut.
Rahel:
[1:07:19] Ist die gesamte Welt von Shadowrun eigentlich düster, schmutzig und heruntergekommen? Oder gibt es auch irgendwo idyllische Orte?
Mháire:
[1:07:27] Es gibt idyllische Orte, aber die sind meistens auch für Menschen nicht gut. Natürlich gibt es Enklaven, in denen man super leben kann, aber wenn man reich ist nur. Also wo alles unter Kontrolle ist und alles sauber und die Security ist super, aber dafür musst du halt echt Kohle haben. Das ist in der Regel nicht der durchschnittliche Shadowrunner. Und die Magie ist auch ganz, ganz viel in die Natur geflossen. Also es gibt auch magische Pflanzen und magische Tiere und Geister der Natur, die dementsprechend auch gegen die Vergiftung und Verunreinigung der Umwelt vorgehen. Die sind aber meistens auch den Menschen gegenüber nicht so freundlich. Ich wohne in der Nähe von Frankfurt und hier gibt es zum Beispiel einen sogenannten Erwachtenwald. Also in den 2080ern sollte man nicht mehr ohne eine Waffe in den Taunus gehen. Das klingt wunderbar, wenn man das sagt. So, ja, geh nicht in den Taunus, da essen dich die erwachten Wildschweine oder so etwas. Die Natur holt sich Dinge zurück von der Vergiftung und der Vernichtung. Aber die Menschheit hat gar nicht so viele schöne Dinge, die nicht mit immensen moralischen, finanziellen oder anderweitigen Kosten erkauft werden.
Rahel:
[1:08:32] Das ist ein super Stichwort. Moralische, finanzielle, immense Kosten. Ich würde mal gerne auf die Megakonzerne und Regierungen und Gruppierungen, also kurz um die Strippenzieher sprechen, weil ich glaube, das ist auch der Punkt, wo sich so ein ganz klares Bild von Gut und Böse entfaltet. Weil Unternehmen sind in Shadowrun alle böse. Ohne Frage.
Mháire:
[1:08:55] Es gibt welche, die sind offen böse. Und es gibt welche, die sind einfach so alltäglich böse. Und es gibt welche, die tun so, als wären sie nicht böse.
Rahel:
[1:09:02] Das widerlegt meinen Punkt nicht.
Mháire:
[1:09:05] Erztechnologie zum Beispiel ist ganz offen so, hey, wir bringen auch schon mal Menschen, um unsere Forschung zu ranzubringen. Und alle anderen so, ach, das könnt ihr doch nicht machen. Also offen darüber reden. Die sind alles gnadenlose Großstrukturen, die von einigen wenigen Leuten an der Spitze gelenkt werden. Und das sind nicht mal alles Menschen. Teilweise gehören die Drachen. Und die sind alle jenseits von menschlicher Moral. Nicht die Drachen, sondern die Konzerne.
Rahel:
[1:09:28] Ja, diese Konzerne sind im Grunde genommen monolithische, undurchsichtige und vor allem übermächtige Strukturen. Also das Ziel sind immer größere Profite und sie kontrollieren das Leben der Angestellten und auch vieles darüber hinaus. Wir hatten eben schon erwähnt, sie verfügen über eigene Privatarmeen und große Unternehmen genießen eben auch Exterritorialität. Das heißt, sie müssen sich ja noch nicht mal mehr an die geltenden Gesetze bestimmter Länder halten. Wir sind wortwörtlich gesetzlos.
Mháire:
[1:09:56] Und die regeln das unter sich. Und da geht es dann auch darum, welchen Status der Konzern hat. Also die Konzerne haben unter sich eine Hackordnung. An der Spitze steht eine Handvoll sogenannter AAA-Konzerne oder AAA-Konzerne, die eben weltweit Macht haben, Extraterritorialität haben und Durchsetzungskraft allen anderen gegenüber. Wenn Konzerne ein Problem miteinander haben, heuern sie entweder Shadowrunner an oder sie gehen vor den Konzerngerichtshof und versuchen durchaus dabei, sich wie so Mafia-Familien auch gegenseitig die ganze Zeit zu hintergehen, in den Rücken zu stechen und Macht zu übernehmen von anderen. Und das wechselt durchaus über die Historie von Shadowrun hinweg, wer diese AAA-Konzerne sind, steigen neue auf, steigen alte ab oder werden zerschlagen. Und das ist auch immer ein wichtiger Teil der News oder der Veränderung.
Rahel:
[1:10:46] Das ist auch schon sehr abgedreht. Die zehn größten Konzerne bilden den Konzerngerichtshof, der seinen Sitz im Weltraum hat.
Mháire:
[1:10:54] Das ist so ein bisschen ein Rückgriff auf die Neuromancer-Trilogie, wo es eben auch die Beschreibung gibt, dass die Superreichen im Orbit leben, in künstlichen Habitaten. Und der Konzerngerichtshof und generell ganz viele wichtige Dinge sind auch bei Shadrun ins All, ins Orbit ausgelagert worden.
Rahel:
[1:11:11] Was sind denn so ein paar spannende Konzerne, über die wir unbedingt reden müssen?
Mháire:
[1:11:15] Als Technologie haben wir schon erwähnt, als die Blutmagier, die einen gigantischen Staat für sich in Anspruch nehmen. Hier in Deutschland ist es Seda Krupp unter anderem. Das ist ein Konzern, der von einem Drachen geführt wird. Love We, den werden wir wahrscheinlich vielleicht noch ein, zwei Mal erwähnen, weil er eine wichtige Persönlichkeit ist. Es gibt auch ganz spannend welche, die erst in späteren Editionen dazugekommen sind. Es gibt einen chinesischen Konzern, Huqing, der so firmiert, also wir wollen der Welt helfen und Dinge besser machen und so aus traditioneller chinesischer Heilkunde und Magie herauskommt. Es sind so ein bisschen die New Age Leute unter dem Konzern.
Rahel:
[1:11:55] Die haben ein tolles Motto. Wir stecken hinter allem, was sie tun.
Mháire:
[1:11:59] Ja, ganz und gar nicht beunruhigend.
Rahel:
[1:12:01] Nein, überhaupt nicht.
Mháire:
[1:12:03] Dann gibt es Aris, die lange Zeit die wichtigsten Waffenhersteller sind. Horizon ist auch ein ausgesprochen wichtiger Konzern, weil die ihre Finger im Entertainment-Business haben. Und auch einer von der Neueren ist Spinrad, benannt nach dem Gründer und dem Chef Johnny Spinrad. Und die machen eigentlich… Alles so ein bisschen und sind dabei erstaunlich kompetent. Dann haben wir eben noch alteingesessene japanische Konzerne, die haben aber mit der Zeit tatsächlich einen Glorienschein verloren. Also da hat Shadowrun sich durchaus auch ein bisschen umorientiert.
Rahel:
[1:12:38] Was auffällt, ist, dass ein Großteil oder sagen wir mal ein essentieller Teil dieser AAA-Konzerne eben ihren Sitz in Asien oder spezifisch auch im japanischen Kaiserreich haben. Das heißt, da haben wir wieder diesen Gedanken von, dass insbesondere in technologischer Hinsicht Asien, Amerika irgendwann vollkommen abgehängt hat. Also in Nordamerika gibt es, glaube ich, nur drei von den Top-Konzernen, wenn ich gerade den Überblick richtig im Kopf habe, wovon einer eben streng genommen dann mit AS-Technology, naja, ein Großteil eben des heutigen Mexikos, Mesoamerikas ist. Also das fand ich eine sehr interessante Wahl.
Mháire:
[1:13:14] Ja, ich glaube, das kommt eben aus diesem Tiger-State-Mindset, dass man eben gesehen hat, wie Taiwan und Japan irrsinnige Sprünge machen in den 80ern und das einfach in die Zukunft weitergedacht hat. Und mittlerweile ist es eben auch so, dass China genauso technologisch die Nase vorne haben wird, beziehungsweise wir sehen es ja jetzt durchaus in vielen Bereichen, ist man da schon deutlich effizienter und weiter in der Forschung als wir es sind. Und dementsprechend ist dann mit Ui Qing auch ein neuer chinesischer Konzern in die höchste Riege aufgestiegen und hat dort die Welt geprägt. Es ist immer schon so ein bisschen der Spiegel von dem, wie man gerade sieht, wie sich die Machtverhältnisse verschieben.
Rahel:
[1:13:53] Das ist eine Sache, die Shadowrun aber generell macht in meinen Augen. Es ist schon an vielen Stellen eben ein Spiegel unserer jetzigen Welt oder wie wir sie zumindest sehen, weil es immer dieses 20 Minuten in die Zukunft gedacht ist.
Mháire:
[1:14:04] Ja, so funktioniert die meiste Science Fiction ja. Weswegen ich das Genre eben auch so gerne mag, weil es das ist, was am besten und am klarsten Aussagen über uns jetzt treffen kann, aber dabei eben noch eine Metapher benutzt. Das ist die Stärke von Science Fiction und in diesem Fall eben von ultrasarkastischer Science Fiction.
Rahel:
[1:14:22] Wieder ein super Sprungbrett, ultra sarkastisch und etwas in die Zukunft gedacht.
Rahel:
[1:14:28] Noch so ein Konzern, über den ich gerne reden würde, die Lone Star Police Force.
Mháire:
[1:14:35] Ja, die Amerikaner exportieren das, was sie am besten können, auf Leute schießen, weil man sie irgendetwas verdächtigt. Also es ist nicht der einzige Konzern, der Polizeidienste anbietet. Da gibt es auch im europäischen Bereich welche. Night Errant gibt es auch noch. Aber das ist eben die Idee, die Polizei wird gänzlich privatisiert. Gibt ja Gegenden in den USA, wo das ja nicht mehr weit weg ist.
Rahel:
[1:14:56] Das ist der eine Punkt, aber es ist auch noch spezifisch die Lone Star Police Force. Es ist ein Polizeiprivatunternehmen, gegründet in Texas.
Mháire:
[1:15:06] Es ist eigentlich nichts, mit dem man sich anlegen will. Und darauf basiert auch ihr Ruf und ihre Dienstleistung. Also die sind das Klischeebild des Ich schieße zuerst und frage danach Sheriffs. Nur eben mit militärischen Waffen aufgerüstet und in schweren Fahrzeugen unterwegs und von Privatleuten mit viel Geld unterstützt. Moment, das ist gar nicht so viel anders als die Realität.
Rahel:
[1:15:29] Nein!
Rahel:
[1:15:31] Dann lass uns doch mal zu den anderen Gruppierungen kommen, die wir noch nicht hatten, über die wir unbedingt sprechen müssen.
Mháire:
[1:15:38] Du meinst das organisierte Verbrechen?
Rahel:
[1:15:40] Ja.
Mháire:
[1:15:41] Das organisierte Verbrechen im Sinne von besser organisiert als die meisten Staaten. Sagen wir mal so, die 80er-Jahre-Faszination eben für sowas wie die Yakuza und anderes organisiertes Verbrechen, egal wo, das ist auch in Shed Run rübergetragen worden. Also es gibt die Yakuza, es gibt die Triaden, es gibt die Tong, es gibt die Mafia und so weiter und so fort, die eben in vielen Bereichen deutlich mehr zu sagen hat, als lokale Regierungen. Und gut vernetzt sind und da wir ja Profiverbrecher spielen, haben wir mit denen auch häufig Kontaktpunkte.
Rahel:
[1:16:16] Gibt es denn auch spezifisch Shadowrunner-Organisationen?
Mháire:
[1:16:20] Gibt es durchaus. Also es gibt generell so ein Konstrukt oder Formeln, wie Shadowrunner an Jobs kommen und wie das alles funktioniert. Und die schließen sich durchaus auch dann auch mal zu Gruppen zusammen, zu einzelnen Gangs oder legendären Gruppen oder eben auch Widerstandsgruppen in manchen Bereichen. Und da haben wir zum Beispiel das Phänomen des Mr. Johnson. Also man kriegt seinen Auftrag in den UCAS immer von Mr. Johnson, egal welches Geschlecht die Person hat und wie sie eigentlich heißt. Und in Deutschland immer von Herrn Schmidt, auch egal welches Geschlecht und welchen Namen die Person hat.
Rahel:
[1:16:54] So, so, Herr Schmidt, da sollten wir aber nochmal drüber reden hier.
Mháire:
[1:16:58] Weißt du, wir sollten da mit Christian drüber reden?
Rahel:
[1:17:00] Ich weiß nicht, ich traue mich nicht.
Mháire:
[1:17:02] Hast du Aufträge von ihm bekommen, zum Beispiel für diesen Podcast?
Rahel:
[1:17:06] Ja, ja.
Mháire:
[1:17:07] Verdächtig, Rahel, verdächtig. Und es gibt dann halt vor allen Dingen so Online-Treffpunkte, im Grunde sowas wie fortgeschrittene Foren, die eben Shadowrun-Gruppierungen ausmachen, wie zum Beispiel die Shadowhelix, die gleichzeitig etwas ist, was in den Büchern auftaucht. Also die Rollenspielbücher haben immer auch einen In-World-Anteil. Die Texte da drin werden im Buch gedruckt, kommentiert von Leuten zum Beispiel aus der Shadowhelix, bekannten Runner-Figuren, also bekannten ProfiverbrecherInnen, die dann ihre Kommentare zu den Infos, die da drin stehen, abgeben. Das ist sehr unterhaltsam zu lesen teilweise und liefert also so ein Kaleidoskop von unterschiedlichen Informationstiefen und Ansichten. Und natürlich ist dann auch das Fan-Wiki, beziehungsweise im Forum heißt dann auch Shadowhelix und so etwas.
Rahel:
[1:17:52] Wer sind denn jetzt die eigentlich Mächtigen in der Welt? Wir haben jetzt gesprochen über Konzerne, Regierungen, Verbrecherorganisationen. Wir haben die Shadowrunner. Das sind ja alles so ihre eigenen Interessensgruppen, die mal mehr, mal weniger Macht haben in der Welt.
Mháire:
[1:18:05] Die meiste Macht haben die Leute, die Konzerne leiten, speziell wenn sie groß und schuppig sind.
Rahel:
[1:18:10] Okay, Drachen.
Mháire:
[1:18:12] Also tatsächlich sind Drachen mit die mächtigsten und wichtigsten Personen in der Welt von Shadowrun.
Rahel:
[1:18:19] Mal eine spannende Gegenfrage. Wer leistet denn Widerstand? Ich weiß, dass es auch Shadowrunner gibt, die eben nicht reine Auftragskriminelle sind, sondern auch irgendwo dem Widerstand angehören. Aber wie üblich ist der Gedanke von Widerstand denn überhaupt in dieser Welt?
Mháire:
[1:18:33] Der taucht immer wieder auf. Ist natürlich in der Regel in der Minderheit. Aber es gibt immer wieder Organisationen, wie zum Beispiel die Graue Zelle, Leute, die sich zusammenschließen, Profi-Shadowrunner, die sehen, was alles schief läuft und dann versuchen, dagegen zu arbeiten. Es gibt Ökoterrorismus, Leute, die versuchen, gegen den Raubau an der Natur und die Vergiftung der Welt vorzugehen. Das sind immer sehr kleine und spezielle Trüppchen. Also es gibt nicht so wirklich den großen koordinierten Staaten übergreifenden Widerstand, sondern man ist immer der Underdog, wenn man versucht, das Richtige zu tun.
Rahel:
[1:19:03] Ich würde sagen, was man ja ganz schön sieht, ist, dass es in Shadowrun echt stark davon abhängt, wo man lebt und wie man lebt, wie scheiße das Leben ist. Also es ist nicht überall gleich schlecht, aber im Schnitt für die meisten Leute ist das Leben schlechter geworden, als wir es heute kennen.
Mháire:
[1:19:21] Ja, in dem Sinne, als dass wir zwei ja durchaus in einem Staat leben, wo wir recht sicher eine Gesundheitsversorgung haben. Und auf unsere Menschen- und Bürgerrechte zurückgreifen können und eigentlich dieser Staat auch unsere Unversehrtheit und unser Besitztum und so etwas zu garantieren hat und zu verteidigen hat. In der Shadowrun-Zukunft ist das alles abhängig davon, wie viel Kohle du hast oder wem du dich verschrieben hast. Also es gibt da dieses Phänomen des Sarariman, was ja ein japanischer Begriff ist für, du arbeitest eben für einen Konzern, für deinen Salary und mehr hast du nicht mehr in deinem Leben.
Mháire:
[1:19:58] Beziehungsweise es wird auch dann Lohnsklave häufig genannt in Shadowrun, weil die Großkonzerne, denen gehörst du im Endeffekt. Ja, du bekommst offiziell ein Einkommen, aber in der Regel, häufig kannst du dieses Einkommen auch wieder nur in Läden, die dem gleichen Konzern gehören, ausgeben. Also sowas, wie wir zum Beispiel in den frühen USA mit Firmen-Script haben, also dass teilweise eigenes Geld ausgegeben wird, um die Arbeitenden unter Kontrolle zu halten und dafür zu sorgen, dass sie ihr Kapital nicht woanders hintragen. So etwas gibt es wieder. Oder du kannst auch nicht einfach dein Arbeitsverhältnis kündigen, sondern der Konzern entscheidet, ob du weiterfühlen arbeitest oder nicht. Da kannst du, wenn du brav bist, zumindest eine gewisse Zufriedenheit und Grundversorgung in deinem Leben bekommen. Wenn du versuchst, da rauszukommen, heißt das, dass du kontinuierlich am Kämpfen bist. Es gibt sehr, sehr große und viele Teile, wo eine stark verarmte Bevölkerung lebt, wo auch Leute sich am Anarchismus versuchen, wie zum Beispiel immer wieder in Berlin, wo auch sonst. Und das auch nicht immer ganz so gelingt. Und dann gibt es natürlich die Leute, die richtig gut verdienen und die dann auch richtig gut leben und die dann auch einen Standard an Luxus genießen, der für uns lächerlich erscheint. Mit maßgeschneiderten Haustieren, die für dich genetisch hergestellt werden und magischen Schönheitsbehandlungen und Urlaubstrips in Orbit und dergleichen. Also die Schere geht immer noch weiter auf. Also es ist im Grunde, weil Shadowrun ein ursprünglich amerikanisches Produkt ist, eben die Problematik des Kapitalismus in den USA ausgewalzt, bis alles kaputt geht.
Rahel:
[1:21:27] Ja, zusammen eben mit diesem ganz klassischen Klassensystem, dass die Schere wirklich von Lohnsklaverei, auch schon wieder so ein alter Begriff eigentlich, eben bis hin zu dieser Oberschicht in einer Konzerngesellschaft reicht.
Rahel:
[1:21:41] Wie würde denn so ein Durchschnittsbürger oder eine Durchschnittsbürgerin die Freizeit verbringen? Also wir haben schon interviewt, es gibt gar nicht mal so viel Freizeit außerhalb der Arbeitswelt, aber trotzdem gibt es eine ganz schön große Medienindustrie.
Mháire:
[1:21:55] Und dann würde man in seiner Freizeit Tridio schauen. Dreidimensionales Fernsehen. Und da könnte man sich Übertragungen anschauen von bekannten Action-Serien wie Carl Combat Mage oder von blutigen Sportveranstaltungen, schwerbewaffnete Leute, die auf Motorrädern sich gegenseitig in Arenen abschlachten oder All-Area-Combat-Golf. Also wie man mit dem Sturmgewehr auf dem Rücken gegen andere bewaffnete Teams in einem Megaplex-Golf von einem Hochhaus zum Nächsten schlägt. Aber auch ganz viel das neueste Glitzersternchen am Musikhimmel. Werbung, größtenteils Werbung, die irgendwie als Entertainment verpackt ist. Und Simpsons, du kannst dir auch Eindrücke, die andere Leute aufgenommen haben, die quasi sich in einer Szene geschauspielert haben und dann werden deren Sinneseindrücke aufgenommen. Also du kannst quasi zu dieser Person in einem Theaterstück, in einem Film werden. Und wenn man dann von diesen Sim-Sin-Aufnahmen, die direkt in dein Gehirn gespielt werden, die Sicherheitsschranken entfernt, dann nennt man das BTL, Better Than Life. Und das ist eine Drogenabhängigkeit, weil deine Synapsen eben hoch stimuliert werden, die das reale Leben gar nicht liefern kann. Und dann werden Leute abhängig von diesem künstlichen Sinneseindrücken. Also alles wie gehabt. Man stellt die Masse ruhig, füttert ihnen Werbung und Drogen, nur halt eben mit neuer Technologie.
Rahel:
[1:23:18] Ja, es ist keine schöne Welt.
Mháire:
[1:23:21] Ja, Hauptsache du machst nichts, was kostenlos ist und dir gut tut.
Rahel:
[1:23:25] Lass uns mal einen Blick darauf werfen, wer und was die Welt eigentlich bevölkert. Das ist ja auch so ein Thema, wo wir jetzt immer wieder dran gestoßen sind. Aber ich würde vorschlagen, wir gucken uns jetzt wirklich mal eins nach dem anderen an. Was gibt es denn für Kreaturen, die wir heute nicht kennen, die aber in Shadowrun üblich sind?
Mháire:
[1:23:43] Wir hatten ja schon über die Metamenschheit gesprochen, also dass es neben dem langweiligen Standardmenschen Elfen, Zwerge, Orks und Trolle gibt. Und es gab mit der Rückkehr des hellischen Kometen dann nochmal so eine Mana-Search, nennt man das. Und dann haben sich da noch Unterformen draus entwickelt. Dann gibt es zum Beispiel Elfen, die einen dunkelblauen Pelz haben und nachtaktiv sind und so etwas. Es gibt auch regional teilweise unterschiedliche Typen. Orks, die mit roter Haut und größeren Hörnchen, die dann Oni genannt werden in Ostasien und so etwas. Also da wird es immer exotischer mit der Zeit. Was man auch alles spielen kann, ist aktuell wieder ein bisschen zurückgefahren worden. Aber irgendwann war das ein sehr buntes Mix an verschiedensten Meta-Menschen-Typen, die man spielen konnte.
Rahel:
[1:24:29] Es ist noch eine Sache, die sehr verwirrend ist. Meta-Menschen, Meta-Menschheiten, Meta-Varianten, Meta-Typen. Sehr viel in Chatteron ist Meta. Diese Begriffe haben irgendwo auch alles was miteinander zu tun, aber sie beschreiben unterschiedliche Dinge. Also Meta-Typen sind, ich nenne es jetzt mal einfach die spielbaren Hauptspezies. Genau.
Mháire:
[1:24:47] Genetisch gesehen sind das alles Menschen, die nur einen unterschiedlichen Phänotyp haben, einen starken.
Rahel:
[1:24:52] Von diesen Metatypen haben sich irgendwann die spielbaren Subspezies, also Metavarianten, abgespalten. Dass es dann Ogre und Hopgoblins und solche Dinge gibt.
Mháire:
[1:25:04] Die kriegen alle auch lustige Fantasy-Namen korrekt.
Rahel:
[1:25:06] Bei Metamenschen und Metamenschheit habe ich mich geärgert, weil das nicht die gleichen Dinge sind.
Mháire:
[1:25:11] Metamenschen sind die, die keine Standardmenschen sind. Und die Metamenschheit sind alle auch die Standardmenschen. Ist das, was dich ankekst oder haben wir unterschiedliche Definitionen?
Rahel:
[1:25:19] Doch, dafür hätte es eine elegantere Lösung geben dürfen.
Mháire:
[1:25:22] Nein. Weißt du, man kann sowohl einen Ort umfahren, als auch eine Person umfahren. Sprache ist nicht logisch, ich finde das schon okay so. Aber ich kann verstehen, dass die mangelnde Logik dich nervt.
Rahel:
[1:25:34] Danke.
Mháire:
[1:25:35] Es haben sich aber nicht nur Menschen verändert, sondern wir haben auch haufenweise andere Tiere. Weil normale Hunde sind nicht mehr spannend genug. Jetzt gibt es Höllenhunde und Bargäste. Und es gibt Katzen mit der magischen Fähigkeit, dich dazu zu bringen, irgendwo runter zu springen.
Rahel:
[1:25:48] Es gibt den Schreckhahn, der ist mir sehr wichtig.
Mháire:
[1:25:51] Der Schreckhahn, ja. Der Cocketry ist ein Huhn, das Leute in Panik versetzt. Was gibt es noch alles? Oh, es gibt Gestaltwandler, also Wehrwölfe und ein anderes Viehzeug in der Richtung. Ständig tauchen auch neue auf, werden auch neue gezüchtet oder entdeckt oder entwickeln sich. Aber überall kreucht Viehzeuges herum, das aus irgendwelchen Märchen und Sagen stammt. Oh, und es gibt auch den Wolpertinger. Und jedes einzelne Tierchen in einem Wurf sieht anders aus als alle Geschwister.
Rahel:
[1:26:21] Die Monsterwelt von Shadowrun oder Critter, wie sie dann in Shadowrun heißen, die ist wirklich beachtlich. Also das gibt ganz viele verschiedene Kreaturen, eben auch, wie du schon gesagt hast, sehr regional unterschiedlich. Ich muss sagen, das macht wirklich eine Freude, sich da umzuschauen, was für abgedrehte, erwachte Kriter, also Kreaturen es dann in dieser sechsten Welt gibt.
Mháire:
[1:26:42] Eines meiner Lieblings-Tropes ist, dass Shadowrun einige der harmlosesten und süßesten Viecher nimmt und daraus grauenhafte Bestien macht. Es gibt einen fleischfressenden Panda, einen hochgiftigen Koala, was von diesem Standard-Australia-Witz vom Deadly Australian Drop Bear herkommt, mit dem man Nicht-Australia verarscht. Und es gibt das sogenannte Blitzfaultier, ein Faultier, das von jetzt auf gleich unglaublich schnell wird und nicht mit seinen Krallen in Stücke haut. Es ist so doof, dass es wieder großartig ist. Das liebe ich an Monster Design.
Rahel:
[1:27:11] Und es gibt natürlich die Drachen, die ja in der Welt ihre Finger so ziemlich überall drin haben. Sie sind im Grunde genommen ein Teil der mundanen Welt geworden. Also sie haben eigene Talkshows oder Podcasts meinetwegen. Sie kandidieren für politische Ämter. Sie sind in Konzernen aktiv.
Mháire:
[1:27:29] Früher haben sie auf Horten gesessen und die Region kontrolliert. Und jetzt können sie das viel effektiver machen. Jetzt muss man dazu sagen, dass die Hohen oder Großen Drachen, also die wirklich mächtigsten von denen, auch Gestaltwandler sind und Magier sind. Und dementsprechend ein Drache, wenn er ans Rednerpult tritt, um zu sagen, ich nehme die Wahl an, nicht unbedingt 20 Meter lang sein muss, sondern als ein Mensch oder ein Elf erscheinen kann, wie man das möchte. Und dass die das in der Regel dann auch tun.
Rahel:
[1:27:56] Lass uns doch die Drachen mal nutzen, um über so Schlüsselfiguren in der Shadowrun-Welt zu sprechen, denn viele der Drachen sind wiederkehrende Namen, die eben auch in der Entwicklung, die wir in der Welt sehen, eine wichtige Rolle eingenommen haben.
Mháire:
[1:28:10] Also eine der wichtigsten Persönlichkeiten ist da zum Beispiel der schon genannte Lothwyr. Lothwyr ist der Drache, der unter anderem die Eifel zum Ausbruch bringt, als er aufwacht und sich streckt, der dann Seda Krupp als Konzern übernimmt und einer der größten globalen Player ist. Und Lothue ist so ein absolutes Machtmonster, der will haben und der will kontrollieren und der will seinen Willen durchsetzen und tut das auch und tut das auch sehr effizient. Das ist der lebendig geworden 80er Jahre Powersuit nur eben als Drache. Und das ist eigentlich ziemlich cool, dass diese Grundidee von dem Monster, das auf seinem Hort hockt und nichts rausrückt, sondern immer nur mehr haben will, dann in der neuen Welt, in der er aufwacht, sagt, könnt ihr mir das nochmal kurz mit dem Aktienmarkt erklären? Und dann halt alle Menschen aussticht dabei. Das ist einer der wichtigsten Namen, auch gerade eben für Deutschland und Europa. Dann der Drache, der kurz, sehr kurz amerikanischer Präsident war und dessen Tod auch einen Riss in die Welt geschlagen hat, Dunkelzahn.
Rahel:
[1:29:12] Kein übersetzter Name, der heißt auch im Englischen so.
Mháire:
[1:29:14] Exakt. Sagen wir mal so, die Amis haben anerkannt, dass Europa die besseren Drachengeschichten hat. Dunkelzahn war eben so ein bisschen so ein mysteriöser, eher auf der politischen Seite auch so ein bisschen so, wir als diese uralte magische Spezies der Drachen reichen euch der Metamenschheit die Kralle, um euch zu helfen mit unserem Wissen und unserem Reichtum und unserer Magie. Ähnliche Fischer gibt es überall auf der Welt verteilt. Es gibt die große Seedrachin, das ist ihr Name, die eben sehr viele maritime Bereiche beherrscht und kontrolliert. Wir haben in Deutschland lange Zeit auch den Nachtmeister gehabt, der dem Bankenverein, dem Frankfurter, vorgestanden hat und sich mit Lofür angelegt hat. Also wenn man sich anschaut, was sind die wichtigsten Namen in der Shadowrun-Welt, mindestens die Hälfte davon sind Drachen.
Rahel:
[1:30:00] Und, das hatten wir vorhin vergessen zu erwähnen, auch die Drachen sind wieder von ihrem Aussehen her häufig an bestimmte Mythologien geknüpft. Also Ryomyo, der über Japan erstmals gesichtet wurde, 2011, ist auch die japanische Vorstellung eines Drachens, also sprich schlangenähnlich. Nicht so ein dicker Dino mit kleinen Flügelchen.
Mháire:
[1:30:20] Ja, das ist ein meiner Lieblingsthemen, nämlich, dass wir Dinge Drachen nennen, die eben in den Sprachen, in denen diese Viecher eigentlich benannt werden, logischerweise nicht Drachen heißen, sondern dass wir halt hingeschaut haben und gesagt haben, fliegt und hat Schuppen. Passt. Und das macht Shadowrun auch, aber es schaut halt, wo gibt es Dinge, die Fliegen und Schuppen haben und macht all das mehr oder weniger zu demselben Phänomen. Es gibt auch zum Beispiel in Arztlan die gefiederte Schlange. Die in der realen Welt eben eine Manifestation von einer Gottheit ist und eine Darstellung davon, die wir oft so sehen als so ein langes, gebändertes Schlangending mit diesem federgekrönten Maul. Und das wären jetzt aber tatsächlich eben auch Dracoformen oder Drachenwesenheiten, die intelligent, magisch und politisch aktiv häufig sind. Es gibt auch kleinere und schwächere Drachen, die immer versuchen, irgendwie sich ein bisschen nach oben zu arbeiten, aber die Big Player weltweit verteilt sind, Und wie du sagtest, eben dann auch jeweils die lokale Version davon, es ist mächtig, magisch, schuppig und fliegt.
Rahel:
[1:31:21] Mal fernab der Drachen. Welche Namen muss man denn noch kennen?
Mháire:
[1:31:25] Also ein Charakter, der recht bekannt ist, ist der Harlequin. Ein Stage-Name, könnte man sagen, für eine, sag ich mal, an den Joker erinnernde Figur von einem Elfen. Es gibt auch eine sehr bekannte Kampagne, die sich um diesen Harlequin dreht. Der ist so eine frühe, ikonische Figur des Settings. Heutzutage sind das viel auch die neuen Figuren, die in der Konzernwelt auftauchen, wie eben ein Johnny Spinrad, der um sich herum einen neuen, starken Konzern aufgebaut hat und überall irgendwie mitmischt und so als das neue Wunderkind im Business-Himmel gilt. Aber die haben selten den gleichen Klang und den gleichen Ruf, kurioserweise eben wie die Drachen. Ich weiß nicht, wie es passiert ist. Ich meine, sie waren von Anfang an drin, mit der erste Roman heißt Lass ab von Drachen, der für Shedron geschrieben wurde. Die sind so reingebacken in dieses Setting als coole und abgefahrene und eben auch alles überschattende Figuren.
Rahel:
[1:32:19] Ich glaube, das ist der Punkt, wo historisch gesehen Shadowrun sich einfach sehr gut dann auch wieder an den Gepflogenheiten des Fantasy-Genres, was ja für einen Pen-and-Paper-Bereich einfach üblicher war, bedienen konnte. Und wenn du da starke Drachenfiguren hast, ist schon mal ein gutes Standing.
Mháire:
[1:32:33] Ja, und die menschlichen Politiker und Machtpersonen, die kommen und gehen halt schon auch ein bisschen schneller, wer gewählt und abgewählt wird. Also es gibt durchaus auch immer so den Ticker, wie es politisch in der ADL aussieht. Und da hatten wir ja länger auch eine Frau an der Spitze, Billois. Deren Macht ist dann aber wieder am Wackeln. Und an die sollte man sich auch nicht zu lange gewöhnen meistens, an diese menschlichen Figuren. Ich denke, das ist durchaus auch so eine Absicht, dass die alle genauso Porn sind, genauso Spielfiguren, die recht schnell wieder verschwinden können.
Rahel:
[1:33:04] Lass uns doch mal über dieses Zusammenspiel von Magie und Technologie in Shadowrun sprechen. Das, was das eigentliche Alleinstellungsmerkmal ja ist. Einige wenige Lebewesen haben die Fähigkeit, dass sie Maler manipulieren können. Das sind also die Erwachten, sprich würden platt sagen, die können zaubern. Aber was genau Magie eigentlich ist, weiß in Shadowrun niemand so recht.
Mháire:
[1:33:26] Tatsächlich, es wird daran geforscht. Also es gibt unterschiedliche Arten und Weisen, eben mit Magie zu interagieren. Es gibt so eine intuitiv, traditionelle Art, die im Allgemeinen unter dem Großbegriff Schamanismus abgeheftet wird. Und es gibt eine eher wissenschaftlich orientierte Variante, mit Magie umzugehen, die dann sich auch an den großen Universitäten niederschlägt. Zum Beispiel das MIT, das Massachusetts Institute of Technology, ist jetzt das MITT, weil noch Formaturgie dazu kommt. Und generell wird also an Magie wirklich geforscht. Was ist das? Kann man das messen? Kann man das erfassen? Aber im Endeffekt ist es eben eine Energie, die zwischen den Metaebenen fließt und Menschen enthalten sie und können sie manchmal auch manipulieren. Und wie sie das machen, funktioniert für die unterschiedlichen Traditionen in ihrer Vorstellung vollkommen anders. Tatsache ist nur, es funktioniert.
Rahel:
[1:34:21] Magie kann auch zu sehr unterschiedlichen Zwecken eingesetzt werden, wenn man jetzt wieder auf die Spielmechanik schaut. Es gibt ganz klassische Vorstellungen, wie man nutzt Magie, um magische Geschosse abzufeuern. Man kann aber auch den Zugang zur astralen Realität, also quasi der Schnittmenge, mit den Metaebenen erhalten, da dann auch Geister beschwören. Ja.
Mháire:
[1:34:42] Ascannen, die Astralebene anschauen und durchsuchen. Also es gibt diese Vorstellung, man kann dann seinen Körper auch verlassen und sieht dann im Grunde die Geisterwelt, die Astralebene. Also wir haben nicht nur eine zusätzliche Cyber-Weltebene, wir haben auch eine magische zusätzliche Weltebene. Du kannst dir vorstellen, dass am Spieltisch ist dann auch… Der Decker hat gerade zwei Stunden lang seinen Auftritt gehabt, wenn der Rest der Runde was anderes gemacht hat. Und jetzt ist der Magier dran. Aber ja, da kann man dann auch tatsächlich durch die Astralebene reisen und auch noch weiter eben in andere Meta-Ebenen reisen mit seinem Astralkörper und das erkunden und darüber auch neue Magie erlernen und mächtiger werden. Und das ist eine wilde Mischung aus Dinge, die Leute so als Underdogs nutzen. Es gibt auch die sogenannten Straßenschamanen, die Magie mehr oder weniger intuitiv lernen und auch als ein Werkzeug nutzen, um sich gegen übermächtige andere Konzerne und dergleichen durchzusetzen. Und es gibt eben dann auch die Ausbeutung der Magie als eine reine Ressource der Lohnmagier, der beim Konzern angestellt ist und der immer wieder die gleichen Zauber zu wirken hat, um irgendein Produkt herzustellen und so etwas. Also es ist dieses wunderbare, übernatürliche, magische, machtumstrukturierende Ding und natürlich wird es auch einfach als Werkzeug benutzt und entzaubert regelrecht.
Rahel:
[1:35:57] Es gibt eine ganz besondere Klasse von Menschen, nämlich die Technomancer, die mit Magie technologische Geräte manipulieren können oder auch auf die Matrix zugreifen können. Und das ist schon ganz schön interessant, denn augenscheinlich steht das zu einem Widerspruch mit einer wichtigen Grundregel von Shadowrun, nämlich dass Magie und Technologie sich nicht wirklich gut verstehen.
Mháire:
[1:36:20] Ja, also, das ist ja auch keine Magie, das ist sogenannte Resonanz.
Rahel:
[1:36:26] Okay.
Mháire:
[1:36:27] Also, ich glaube mehr oder weniger der aktuelle Stand, was die Lore angeht, ist, dass die Matrix mit den KIs, die darin existiert, so komplex geworden ist, dass sie im Grunde ihr eigenes Äquivalent zur Magie entwickelt, weswegen es dann irgendwann Leute gibt. Das beginnt als Kids, die Otakus genannt werden, also halt eben wie die Recluses und Nerds in Japan genannt wurden, die nur mit ihren Hirnen, ohne dass sie da ein Gerät zwischenschalten, in der Matrix aktiv werden können. Die werden dann zu diesen sogenannten Technomancer, Leute, die eben dieser Resonanz in der Matrix begegnen und instinktiv nur mit ihren Gehirnen damit interagieren. Und die aktuelle neue Matrix ist, und das sollte möglichst auch niemand erfahren, der an dem Projekt nicht beteiligt war, weil es sehr, sehr inhuman ist, basiert auch unter anderem auf den Gehirnen von solchen Technomanzern.
Rahel:
[1:37:15] Ja, es erinnert mich alles bisher sehr an die Matrix-Filmtrilogie, also insbesondere an die Twists, die ja noch in den späteren Teilen dazukommen.
Mháire:
[1:37:22] Ja, oder an, ich weiß nicht, ob du sie kennst, die Otherland-Bücher.
Rahel:
[1:37:27] Ja, absolut, richtig.
Mháire:
[1:37:29] Da gibt es auch einen sehr ähnlichen Twist, der, denke ich, das durchaus mit beeinflusst hat. Otherland ist ja auch aus der Tradition des Cyberpunk mit heraus erwachsen. Und ich glaube, es gab auch teilweise ähnliche Dinge in Neil Stevenson-Büchern wie Snow Crash. Leicht trashy, aber sehr unterhaltsame Cyberpunk der 90er.
Rahel:
[1:37:46] Beides übrigens von meiner Seite absolute Empfehlungen.
Mháire:
[1:37:49] Ja, sehr viel Spaß bei allem davon gehabt. Ted Williams, Otherland-Bücher. Man braucht einen etwas langen Atem, weil es Ted Williams ist, der kann sich nicht kurz fassen. Und Snow Crash von Neil Stevenson.
Rahel:
[1:38:00] Wenn man jetzt mal von diesen Technomansern absieht, gibt es wie gesagt eine Kluft zwischen Magie und Technologie. Also erwachte Charaktere werden beispielsweise Cyberware vermeiden, da diese technologischen Implantate ihre Essenzen sinken, also das, was sie brauchen, um Magie wirken zu können. Und je mehr Technologie irgendwo drinsteckt, desto schwieriger kann es magisch manipuliert werden.
Mháire:
[1:38:23] Das ist natürlich ursprünglich einfach ein Balancing-Gedanke. Ja, dass du nicht einen Zauberer spielst, der sich dann auch noch mit Cyberbear total aufbrezelt. Aber es sorgt eben auch für die interessante Frage, was macht es denn überhaupt aus, dass du zaubern kannst? Das wird unter diesem Begriff Essenz zusammengefasst, wie du sagst, und wird meistens als dein Nervensystem ist nicht zu sehr vergiftet und oder durch andere Teile ersetzt worden, umgesetzt. Aber es ist eben auch so ein bisschen so dieses Moment, haben wir eine physisch greifbare Seele und wird dich schwächer, wenn wir da Metall reinbauen? Oder was soll das bedeuten? Aber ja, wenn du zaubern willst, solltest du möglichst keine Cyberware einbauen. Das schwächt deine Magie. Und das ist schon irgendwie ein spannender Gedanke. Also ich finde durchaus auch die Idee spannend, dass Magie und Technologie miteinander interagieren können in so Dingen eben wie Resonanz und anderen Randgebieten. Aber dass es sich ausschließt in diesem Setting, dass gerade beides vereint, ist irgendwie auch cool.
Rahel:
[1:39:20] Wie sieht denn das Verhältnis aus zwischen Menschen und Technologie? Ja, wir haben viele Menschen, die sich mit Cyberware oder auch Bioware transhumanistisch verändern, verbessern. Und wir haben diese Matrix als weltumspannendes Netzwerk, wo im Grunde genommen jedes Gerät irgendwie drin hängt.
Mháire:
[1:39:38] Also zumindest in den 2080ern ist das allgegenwärtig. Und das ist im Grunde auch das Verhältnis von der Technologie und der Menschheit. Sie ist allgegenwärtig, sie ist nicht mehr wegzudenken aus dem Alltag. Es ist normal, in seinem Körper irgendwas verändern zu lassen, wenn man sich das leisten kann. Und da gibt es auch in der Regel, abgesehen von zum Beispiel einzelnen religiösen Gruppierungen oder so etwas, keine Vorurteile gegen.
Rahel:
[1:39:59] Das heißt aber, dass auch selbst die erwachten Charaktere, klar, die würden jetzt in erster Linie versuchen, auf Technologie weitgehend irgendwo zu verzichten, aber sie sind ja trotzdem Teil der technologisierten Welt.
Mháire:
[1:40:11] Ja, sagen wir mal so, Amish tun sich, glaube ich, sehr schwer.
Rahel:
[1:40:13] Okay.
Mháire:
[1:40:15] Also es gibt so einzelne Gruppierungen oder gerade auch in den elfischen Ländern, dann wendet man sich eher der Magie zu oder so etwas, aber ganz wird da nicht drauf verzichtet.
Mháire:
[1:40:24] Auch die Sondereinsatztruppen von Teretern Gaia benutzen moderne Waffen.
Rahel:
[1:40:27] Dann lass uns doch an der Stelle mal wirklich im Detail über die Matrix reden. Wir haben vorhin schon erwähnt, was das eigentlich ungefähr so ist und auch wie das spielmechanisch funktioniert. Es gibt aber noch einige Feinheiten, über die wir nicht gesprochen haben, wie beispielsweise das Eis.
Mháire:
[1:40:44] Intrusion-Counter-Measure-Equipment. Das ist tatsächlich auch eins zu eins, wenn ich das richtig im Kopf habe, aus Neuromancer entlehnt. Also, dass es Programme gibt, deren ganzer Job es ist, Eindringlinge aufzuspüren und ihre Gehirne zu fraggen. Dementsprechend, Decker sind nicht nur damit beschäftigt, Codezeilen vor sich herzuschieben, sondern die kämpfen richtig, auch um ihr Leben, wenn sie in der Matrix unterwegs sind, weil es semi-intelligente Programmkonstrukte gibt, die versuchen, sie umzubringen, indem sie Feedback-Loops und Spikes in ihren Geräten und in ihrem Hirn erzeugen. Und das normale Eis macht das nur im Gerät. Und schwarzes Eis, das auch eigentlich illegal ist, aber welchen Konzern hat das interessiert? Das fragt dein Gehirn. Also das lässt dich dann auch irgendwie mit einem schweren Schaden in deinem Neocortex zurück.
Rahel:
[1:41:29] Es ist schon beim ersten Matrix-Crash offensichtlich geworden, dass in der Matrix auch die ein oder andere KI umgeht. Das ist aber im Laufe der Zeit ein immer größeres Problem geworden. Wie steht es denn tatsächlich um die künstliche Intelligenz?
Mháire:
[1:41:43] Es gibt mehrere, von denen wir wissen, die teilweise den Menschheit nicht wohlgesonnen sind, die auch so ein bisschen ihr eigenes Ding machen und gegen die man auch immer mal wieder angekämpft hat. Also es gibt unter anderem eine, die eben für den zweiten Matrix-Crash gesorgt hat. Und dementsprechend in der aktuellen Matrix gibt es eine ganze Einheit God, die Grid Overwatch Division, die die Matrix überwacht und eben auch noch solchen KIs Ausschau hält. Aber häufig sitzen die auch in Konzernen drin, werden von Konzernen entwickelt. Es ist so ein bisschen so, wir bauen unseren eigenen Kastenteufel und der frisst uns dann irgendwann. Was unter anderem mit den Nanotech-Dingern zu tun hatte. Leute, die auf die Idee kamen, einen Drachen an die Matrix anzuschließen und damit seinen Geist von seinem Körper zu Trend und zu der KI gemacht haben und so etwas alles. Also die dümmsten Experimente, die man sich vorstellen kann, die natürlich durchaus auch mal nach hinten losgehen. Aber KI müssen nicht zwingend menschenfeindlich sein. Manche sind auch nur neugierig. Auch das sehr Neuromancer, wo es ja im Endeffekt darum geht, dass es mehrere KIs gibt, die entweder Freiheit wollen oder sich gegenseitig vernichten wollen, aber die eben nicht alle einfach, wa, wa, wa, die Menschheit muss sterben sind.
Rahel:
[1:42:51] Was sind denn Punkte, die man noch unbedingt über die Matrix wissen muss? Oder würdest du sagen, wir haben die eigentlich abgehandelt?
Mháire:
[1:42:57] Was ich ganz spannend finde, ist jetzt die neueste Version der Matrix, ist in einer Augmented Reality. Also die klassische Matrix ist ja, du tauchst da häufig ganz ein und bewegst dich dann in dieser virtuellen Realität. Sogar welche, die wirklich deine Sinneseindrücke überschreibt, wenn du dich einstöpselst. Und die aktuelle Matrix ist viel Augmented Reality, weil die meisten Leute haben entweder Cyber-Augen oder tragen Brillen, die das empfangen. Und das heißt, du läufst durch die Gegend und siehst Dinge, die nicht da sind. Überall ist Werbung. Überall sind Neonschilder von den Läden, die physisch gar nicht da sind, weil die zu oft durchwechseln. Ganze Stadtteile sehen anders aus. Es gibt zum Beispiel einen Text darüber, dass ein Gentrifizierungsprojekt in Berlin eine Führung durch das Viertel macht, wo die Leute sehen, wie es aussehen wird über diese Augmented Reality und nicht die Bruchbuden, die noch da stehen. Also es ist nochmal sehr viel mehr Schein als Sein und wirklich unausweichlich. Jedes Gerät hat WiFi. Überall sind so Kurzdistanzchips, die für ein paar Monate genügend Saft haben, um dir die ganze Zeit irgendwie Werbung, Kontaktdaten oder sonst irgendetwas anzufunken. Also die vollkommene Überlastung mit Werbung und Apps und Dopaminedingel und
Mháire:
[1:44:03] dergleichen, die wir ja auch erleben, ist wiederum in Shadowrun rübertransportiert worden.
Rahel:
[1:44:07] Das ist ein gutes Stichwort, um mal aus der Welt rauszutreten und sich das Worldbuilding an sich anzuschauen. Das ist ja was, was ich ganz gerne immer zum Ende hin von diesen Lore-Folgen mache. Wie passt das denn jetzt alles wirklich zusammen? Und was du mit diesem Werbethema oder Werbungsthema in der Welt angesprochen hast, passt für mich ganz gut zur Welt von Shadowrun im Ganzen. Nämlich, das wirkt für mich an vielen Stellen doch schon überfrachtet. Ja.
Mháire:
[1:44:36] Es gibt dieses Spiel seit Ende der 80er. Und seitdem ist kontinuierlich dran geschrieben worden.
Rahel:
[1:44:40] Es ist nie entschlankt worden. Es ist immer nur weitergeschrieben worden.
Mháire:
[1:44:43] Es ist einfach immer mehr geworden. Ja, du kannst dich nicht obendrehen, ohne dass du gegen irgendein Stückchen Lore stößt. Das ist mittlerweile so. Und es ist alles drin, was irgendwann jemals jemand cool fand. Das macht auch seinen Charme aus irgendwie.
Rahel:
[1:44:57] Das auf jeden Fall. Aber ich frage mich dann immer, wie kohärent ist das denn?
Mháire:
[1:45:01] Oh, vielleicht solltest du dir jemanden fragen, die weniger Fan ist als ich. Weil ich finde Mittel, seien wir ganz ehrlich. Also viel von gerade den Meta-Ebenen und den hochmagischen Sachen sind irgendwann so, what the fuck? Das hier fing mal an, als ich kann einen magischen Blitz werfen, statt meiner Shotgun abzufeuern. Und jetzt wehren wir uns gegen magiesaugende Aliens aus der 13. Dimension. Ich weiß auch nicht, was zwischendurch passiert ist. Aber wie gesagt, dieses Hot-Pot-World-Building macht auch irgendwie den Charme davon aus. Heute würde man das nicht mehr so machen. Definitiv. Also es ist Game und Hintergrund-Design-Technisch sowas von ein Kind seiner Zeit. Mit ganz vielen Blinddärmen, möchte ich sagen, die da immer noch drin hängen.
Rahel:
[1:45:44] Was mich so ein bisschen eben erstmal überrascht hatte, ist das, was ich vorhin angesprochen hatte. Nämlich wie viel mit alten Weltvorstellungen umgegangen wird. Ob das jetzt die Darstellung von indigenen Völkern ist oder auch einigen anderen Aspekten. Also das ist was, wo ich, wenn ich heute relativ neu kommt, eben auf diese Welt gucke, eher zwiegespalten bin. Weil ich finde es einerseits sehr spannend, dass, bleiben wir jetzt mal bei den Native Americans, also den indigenen Völkern, dass denen wieder in der Welt mehr Macht zugeschrieben wird, nachdem sie in der Historie von Shadowrun ja zwischenzeitlich, das hatten wir eben ausgelassen, noch einmal deutlich stärker unterdrückt worden sind, als es jetzt der Fall ist. Und es gibt in Shadowrun eben auch verschiedene Kulturen und Nationen, das heißt, diese indigenen Völker werden nicht einfach über einen Kamm geschert als, ja, das ist irgendwie alles das Gleiche, also den Fehler macht Shadowrun nicht, aber es ist trotzdem eine starke Stereotypisierung, die wenig repräsentativ ist. Und das merkt man eben spezifisch bei dieser Darstellung vom Schamanismus und der Naturverbundenheit, da ist, wie gesagt, viel Primitivismus drin, also sprich, es sind noble Wilde.
Mháire:
[1:46:47] Kann versuchen, dir das zu erklären, weil das Phänomen sich nicht nur auf Shadowrun bezieht, sondern auf viele Pen-and-Paper-Rollenspiele, die realweltliche oder an die reale Welt angelehnte Anteile haben. Und der Grund dafür ist, die wurden von weißen Leuten geschrieben, von durchaus wohlmeinenden und auch linksorientierten weißen Leuten, aber nicht unbedingt welchen mit der tiefsten Ahnung beziehungsweise mit begrenztem Recherchematerial. Es gibt für Shadowrun zum Beispiel auch Supplements und Regeln für Wudun, die sich irgendwo zwischen Klischee und Recherche bewegen und durchaus spannend sind, um neugierige Teenager wie mich damals darauf aufmerksam zu machen, was für reale Traditionen es in der Hinsicht gibt und Religion, aber natürlich auch keine wirklich repräsentative Abbildung desselben ist. Und das liegt eben daran, wer hat diese Spiele geschrieben? Leute, die zu dem Zeitpunkt durchaus schon in der Gaming-Szene aktiv waren. Leute, zum Beispiel die aus der Richtung von Warhammer Fantasy her kam. Einer von den Game Designern, Robert Charette, einer der Lead Designer, der halt lange Miniaturen und Artwork und dergleichen für andere Fantasy-Rollenspiele und eben auch für Warhammer Fantasy gemacht hat. Und Warhammer Fantasy hat ja auch interessante Vorstellungen davon, wie asiatische Kulturen aussehen oder nennt einfach eine Gegend Arabi.
Mháire:
[1:48:03] Und ich möchte an dieser Stelle sagen, ich liebe Warhammer Fantasy-Rollplay. Ich bin trotzdem in der Lage, seine Schwächen zu sehen. Und dementsprechend heutzutage würden solche Spiele nicht mehr ohne Input von Leuten aus den Gruppen, über die man schreibt, geschrieben werden. Aber damals wurde das. Und das ist das Ergebnis. Wohlmeinend, aber nicht immer gut gemacht.
Rahel:
[1:48:26] Ja, genau. Das sind so die Punkte, wo es aus heutiger Sicht eben nochmal sehr transparent wird. So ein anderer Punkt, der mich ein bisschen gestört hat, ist, dass an vielen Stellen, wenn man sich eben die Weltkarte anguckt und was für Nationen es da gibt, dann sind viele Gegenden in Ethnokratien verfallen. Also der Gedanke, dass der ethnische Gruppenzusammenhalt so der natürliche Zustand und die logische Konsequenz von Katastrophen ist?
Mháire:
[1:48:48] Ich verstehe, was du meinst. Und meine Ansicht dazu ist relativ komplex, in dem Sinne, als dass es vermutlich sehr einfach gedacht war, aber auch nicht ganz an der Wahrheit vorbei ist. Ich will nicht zu tief da reingehen, weil mein Ethnologiestudium auch schon echt eine Weile her ist. Aber dass die und auch häufig nicht positiv zu sehende Konzentration auf eine Einzelethnie häufig als ein Grundkristall für eine nationale Identität in Abgrenzung von Kolonialmächten funktioniert, ist eine historische Tatsache, die man ja zum Glück nicht gut finden muss. Und die ja hier einfach relativ unreflektiert beobachtet und übernommen wurde in großflächigem Maßstab.
Rahel:
[1:49:28] Ich glaube, was mich da auch interessieren würde, das ist aber eine Frage, die wir gleich Andreas ganz gut stellen können, ist, wie das Shadowrun-Fandom denn tickt?
Mháire:
[1:49:37] Wahrscheinlich wird er sagen, motzig. Aber das ist eine gute Tradition bei allen Spielen, die es schon länger gibt. Man hat immer was zu meckern an der neuen Edition und an den Änderungen und an den neuen Ideen. Aber auch sehr treu, sehr involviert. Andreas, mit dem wir gleich noch reden werden, ist selber in erster Linie erstmal Fan gewesen und hat Fanprojekte gestemmt und vorangetrieben und organisiert. Dann Illustrator und jetzt ist der Chefredakteur für Shadowrun in Deutschland. Und das ist relativ beispielhaft dafür, wie das funktioniert. Also Shadowrun hat eine ausgesprochen treue Fanbasis. Viele Leute, die schon sehr, sehr lange spielen. Es ist, glaube ich, kein Spiel, dem es so leicht fällt, neue Zielgruppen zu finden, weil es so überfrachtet ist, weil es so komplex ist, weil es regeltechnisch auch nicht einfach ist. Also es schleppt sehr, sehr viele Design-Altlasten immer noch mit sich herum. Charaktererschaffung ist sehr komplex häufig. Charakterweiterentwicklung ebenfalls. Man muss unglaublich viele verschiedene Dinge tracken und im Blick behalten. Kämpfe können sehr eskalieren, auch in der Zeit. Und dass die Welt auch nicht mehr unbedingt den Zeitgeist trifft. Immer. Naja, das würde ich aber sagen, kann uns vielleicht im Detail Andreas noch besser beantworten. Ich sehe das ja vor allen Dingen als eine Konsumentin. Und er hat jetzt den Überblick nochmal von etwas weiter oben.
Rahel:
[1:50:56] Das ist eine schöne Überleitung, um uns besagten Andreas einmal als Mikro zu holen. Damit meinen wir nämlich Andreas Schroth, den Chefredakteur der deutschen Shadowrun-Ausgabe. Wer jetzt also ein deutsches Shadowrun-Buch kauft, stolpert unweigerlich über dessen Namen im Impressum. Und dabei hat Andreas selbst einst als engagierter Fan angefangen, hat dann auch Illustrationen für das Rollenspiel angefertigt und ist so immer weiter in die Redaktion hineingewachsen. Hallo Andreas und vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, für uns einmal aus dem Nähkästchen zu plaudern und uns auch einmal den Redaktionsalltag von Shadowrun näher zu bringen. Erzähl uns doch zum Einstieg einmal aus deiner Perspektive, wie es Shadowrun eigentlich in so kurzer Zeit gelungen ist, sich zum Pen-Paper-Platzhirsch im Cyberpunk-Genre zu etablieren.
Andreas:
[1:51:40] Shadowrun ist erstmals im Jahr 1989 erschienen und im Grunde ist es eine direkte Folge von der Begeisterung für das Cyberpunk-Genre, was Mitte der 80er Jahre, also kurz davor, einen richtigen Boom erfahren hat. Also nicht nur, dass es erfunden wurde, kann man wieder streiten, wann wurde Cyberpunk erfunden, aber es hat eben mit Filmen wie Blade Runner 82, mit Romanen wie New Romancer von William Gibson 84 genau dieses Thema gefunden. Und es ist ja so, dass im Schwerpunkt Rollenspiel damals zum größten Teil aus Fantasy-Rollenspielen bestand. Natürlich gab es auch schon Science-Fiction-Rollenspiele und sehr viele abgefahrene Systeme. Und ich tue mit Sicherheit auch hunderten Kleinstsystemen unrecht, wenn ich jetzt mal sage, Shadowrun war das erste große Cyberpunk-Rollenspiel. Ja, das eigentliche Cyberpunk-Rollenspiel, was auch so heißt, kam technisch gesehen davor. Heute würde man sagen Cyberpunk 2013, aber das war ein eher begrenzter Release. Das große Cyberpunk 2020, das kam tatsächlich nach Shadowrun. Und Shadowrun hat es im Prinzip geschafft, genau diese Begeisterung für das Thema Fantasy, was ja in der Rollenspielszene schon tief verankert war und in hunderterlei Formen bespielt wurde, mit diesem neuen, aufregenden Genre Cyberpunk zu verbinden. Und dazu eben nicht eine neue, fiktive Welt zu erfinden, sondern zu sagen.
Andreas:
[1:53:01] Das findet in unserer Welt statt. Die Magie kehrt in unsere Welt zurück. Und das hat zur damaligen Zeit definitiv einen Nerv getroffen. Es ist ja nicht umsonst, dass Shadowrun aus dem Stand zu einem der beliebtesten Rollenspielsysteme geworden ist, was dann mit Erscheinen der zweiten Edition, wo dann so die Kinderkrankheiten der ersten Edition ausgebügelt wurden, nochmal einen weiteren Hype erfahren hat. Und der hat sich im Laufe der Zeit natürlich weitergetragen und auch gewandelt, so wie sich halt auch das Cyberpunk-Genre im Laufe der Zeit gewandelt hat.
Rahel:
[1:53:31] Du bist jetzt schon auf einen spannenden Aspekt eingegangen, nämlich wie wandelbar diese Welt eigentlich ist. Auch weil sich nun einmal die Technologie in unserer realen Welt vorwärts bewegt. Was ist denn da in deinen Augen die Philosophie der Spielentwicklerinnen und Entwickler, diesen Fortschritt im Regelwerk einerseits, aber auch im Worldbuilding andererseits zu verankern?
Andreas:
[1:53:50] Naja, wie ich schon gesagt habe, hat sich das Cyberpunk-Genre im Laufe der Zeit natürlich geändert durch das Voranschreiten der Technik. Und das hat auch vor sämtlichen Cyberpunk-Rollenspielsystemen im Grunde nicht Halt gemacht und Shadowrun ist da keine Ausnahme. Es gab speziell in der vierten Edition die Bemühungen zu einer Zeit, als das Internet eben schon allgegenwärtig war und immer mehr Teile unseres Lebens durchdrungen hat, die Technik von Shadowrun, gerade was die Matrix angeht, mehr auf realweltliche Ebene, also auf gewisse Füße zu stellen, eine gewisse zusätzliche Glaubwürdigkeit zu schaffen.
Andreas:
[1:54:25] Ob man das als Erfolg betrachtet, das ist diese Matrix mit allgegenwärtigem Wi-Fi und dann eben auch mit vielen realweltlichen technischen Begriffen, die da eingebaut wurden, das muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden. Das ist eine Geschmacksfrage. Man ist dann mit der fünften, sechsten Edition davon ja wieder etwas abgekommen und hat die Matrix wieder etwas weiter von der Realität entfernt. Was auch seelisch eine Folge davon ist, dass es zu Shadow and Fear Zeiten an manchen Spieltischen sehr heftige Diskussionen gab, weil halt Begrifflichkeiten der realen Welt und in Shadowrun die gleichen waren und damit natürlich Leute, die sich mit den realweltlichen Begriffen sehr, sehr gut auskennen, der Spielleitung mitunter sehr lange Vorträge gehalten haben, warum irgendetwas wie dieses und jenes eben nicht funktioniert. Dabei eben übersehen, dass die Matrix von Shadowrun halt immer noch die Matrix von Shadowrun ist und trotz gewisser begrifflicher Ähnlichkeiten es da eben himmelweite Unterschiede gibt.
Andreas:
[1:55:21] Dasselbe betrifft auch die Technik der Körpermodifikation. Also die ursprüngliche Cyberware, so wie man sie sich halt vorstellte, wie sie auch bei Cyberpunk 2020 war und bei Shadowrun eben auch, war sehr Chromstahl. Das war Metall mit Drähten und insgesamt sehr klobig. Und während sich in unserer Welt dann eben auch so einerseits langsam die Technik voran entwickelte und aber auch eben in der Science-Fiction oder auch in der Cyberpunk-Literatur mehr solche Dinge wie Biochips, Biomodifikatoren, Genetic Engineering und ähnliches zu einem Thema wurden, ist das eben in Shadowrun auch umgesetzt worden. Schon sehr früh in der, ich will jetzt nicht lügen, aber ich meine, es wäre zweite Edition gewesen.
Andreas:
[1:56:02] Wo dann eben zum ersten Mal in einem Quellenbuch dann eben auch über, keine Ahnung, miomerische Bakterien und weiß der Geier was gesprochen wurde und dann auch entsprechend sehr biologisch aussehendes Artwork erstellt wurde. Das hat sich dann in den weiteren Editionen fortgezogen, sodass also heute, obwohl natürlich der Cyberarm aus blitzendem Chrom immer noch eine Sache ist, ist es aber heute eher ein Fashion-Statement, während es in den frühen Jahren von Shadowrun, also in den 2050ern sozusagen, halt eher eine Notwendigkeit war, weil so sah halt ein Cyberarm einfach aus. Bis heutzutage in den heutigen Editionen und damit eben in den 2060ern, 70ern, 80ern können Cyberarme beliebig aussehen, können auch ganz normal fleischlich aussehen. Also auch das ist eine Folge davon, wie sich unsere reale Welt weiterentwickelt hat. Weitere Beispiele wären halt solche Themen wie Autopilot. Ich meine, in den früheren Editionen waren die Fahrzeuge, erstens mal waren sie alle benzinbetrieben und erforderten einen Piloten. Das konnte dann sehr gerne ein Rigger sein, der sich ins Fahrzeug einstöpselte.
Andreas:
[1:57:02] Während in der sechsten Edition, kleiner Zeitsprung, im Grunde die heutigen Fahrzeuge bei Shadowrun nur Drohnen mit Sitzen sind. Also es ist das exakt gleiche, ob es eine Drohne ist oder ein Fahrzeug, wird eigentlich nur noch daran unterschieden, ob man mit dem Ding von A nach B fahren oder fliegen kann oder schwimmen kann oder eben nicht. Eine weitere Ebene, wo sich Shadowrun natürlich im Laufe der Zeit entwickelt hat, ist die Rollenspielmechanik oder auch die Auffassung des Rollenspiels an und für sich.
Andreas:
[1:57:29] Shadowrun ist immer ein relativ komplexes System gewesen, wurde auch in den ersten Rezensionen immer empfohlen als ein System für fortgeschrittene Rollenspieler. Ob ich das so unterzeichnen möchte, weiß ich jetzt nicht wirklich, aber Fakt ist, es ist definitiv schwieriger zu lernen als manch anderes System da draußen. Während sich auch hier natürlich die Szene weiterentwickelt hat, auch die Rollenspielgewohnheiten weiterentwickelt haben, weil wir ja heutzutage viel mehr Angebote haben, was wir mit unserer Freizeit anfangen können, ist das natürlich eine Angelegenheit, die auch auf die Regelmechaniken von Shadow einen Einfluss genommen hat. Also während die Regeln ohnehin, wie gesagt, immer komplex und durch dann Erweiterungsbände auch immer komplexer werden, dann so, ich würde mal sagen, zu Zeiten der dritten Edition den Zenit an Feingradigkeit erreicht haben, wo wirklich sehr, sehr viele Taten, Umstände, Verhaltensweisen sehr genau in Regeln übersetzt wurden, um jede einzelne Situation abbilden zu können. War es aber eben so, dass diese Regeln ja eben sehr speziell waren. Also man musste tatsächlich neue Regeln für bestimmte Fachbereiche sozusagen lernen und die waren nicht unbedingt vom Fachbereich A, Magie, zu Fachbereich B, Bartpix übertragbar.
Andreas:
[1:58:37] Das ist mit der vierten Edition, fünften Edition, insbesondere der sechsten Edition eine Marschrichtung, wo wir sagen, es ist jetzt mehr aus einem Guss. Es gibt immer noch einen hohen Detailgrad im Vergleich zu anderen Rollenspielen, aber es ist ein weit geringerer Detailgrad als zu früheren Editionen. Das gefällt nicht allen, auch insbesondere den Fans der alten Editionen natürlich nicht, die sich in ihrem System eingerichtet haben und diese ganzen Regeln auch durch hunderte Jahre von gemeinsamen Spielerfahrungen verinnerlicht haben. Aber für Neueinsteigende ist es besser, wenn ein Regelsystem eine Grundmechanik hat, die dann nur noch durch die verschiedenen Welten durchgeklingelt werden müssen. Und das ist eine Entwicklung, die Shadowrun halt im Off-Play-Bereich, im Crunch-Bereich durchlaufen hat im Laufe der Zeit.
Rahel:
[1:59:21] Ich würde jetzt gerne zu einem Thema kommen, das in meinen Augen ziemlich skurril ist, nämlich diese Vorstellung von Metaebenen und Paralleldimensionen, die ja im Grunde genommen das Grundgerüst der Shadowrun-Welt bildet. Das wirkt für mich ehrlich gesagt wie ein merkwürdiges Konstrukt, fast schon, ich würde sagen, ein Fremdkörper. Kannst du uns da einmal die Hintergründe zu erklären?
Andreas:
[1:59:40] Das Konzept der Meta-Ebene ist im Grunde bei Shadowrun von Anfang an dabei, weil es werden Geister ja beschworen und dann stellt sich natürlich die Frage, wo kommen die her? Und damit ist der Gedanke, dass es einen anderen Ort gibt, von dem diese Wesenheiten hervorgerufen werden, schon mal da. Zumindest im Schamanismus. Ich glaube, es gab auch verschiedene Magietheorien in den frühen Tagen von Shadowrun, dass Geister eine Manifestation des Willens des Magiers sind, was dann später vor allem auf die Watcher zutrifft, wo das ja, glaube ich, bis heute diskutiert wird. Aber jedenfalls der Gedanke, dass es da eben andere Existenzebenen gibt, war von vornherein da. Bei Shadowrun ohnehin, weil Shadowrun ist ja in den frühen Jahren, also bis 2001, ein Schwestersystem von Earthdawn gewesen. Earthdawn als die Fantasy-Welt der Welt davor und Shadowrun eben als die Welt, wenn die Magie wieder zurückkommt. Das ist seitdem aufgrund von lizenzrechtlichen Umständen aufgegeben worden.
Andreas:
[2:00:39] Scheint aber gelegentlich immer noch durch. Es gibt immer noch ein paar alte Story-Fällen, die da weitergesponnen werden. Aber der Grundgedanke, dass es da andere Ebenen geben könnte oder gibt, ist von vornherein da gewesen. Es ist ein bisschen prominenter geworden im Laufe der Zeit natürlich. Also wir haben ganz früh in der Geschichte von Shadowrun die Geschichte um die Insektengeister, die Universal Brotherhood. Da ist das natürlich auch nochmal verstärkt thematisiert worden. Auch solche Sachen wie die Shedim. Also es gibt immer, wenn man von dem Basissetup, was im Grundregelwerk drin ist, davon ausgehend Geschichten erzählt, dann reicht es halt natürlich irgendwann auch nicht mehr für alle, dass man jede Woche in ein anderes Lagerhaus einbricht. Sondern es gibt eben auch immer Fans, die an den Fantasy-Aspekten von Shadowrun ein höheres Interesse haben, gerade an High-Fantasy-Konzepten, um epische Kampagnen, um Bedrohungen aus anderen Welten und so weiter. Und dann erforscht man das und fügt das schrittweise hinzu.
Rahel:
[2:01:31] Interessant, dass du diese Lore um die Metaebenen und Zeitalter auch direkt schon vor dem Hintergrund dessen denkst, was Fans mit dem Rollenspiel vielleicht machen wollen. Dass das also letztlich ein Weg ist, um das Spiel auch vielseitig zu halten und sowohl Sci-Fi als auch Fantasy-Fans etwas zu bieten. Dann lass uns bei der Gelegenheit doch auch direkt über zwei weitere spannende Aspekte reden, die Mayri und ich bisher eher oberflächlich thematisiert haben, nämlich die Resonanz.
Andreas:
[2:01:55] Bei der Technologie, jetzt reden wir hier von Resonanz und von Technomancer, ist das im Prinzip ähnlich. Das Grundkonzept, dass es da Menschen gibt, die ohne Zuhilfenahme eines Computers auf die Matrix zugreifen können, das gab es bei Shadowrun auch schon sehr früh. Das waren damals die Otaku, die sich dann, ich sag jetzt mal sehr stark vereinfacht, zu Technomancer weiterentwickelt haben. Es trifft diese Realität überhaupt nicht, aber soll für den Moment genügen.
Andreas:
[2:02:20] Und damit natürlich dann auch ab dem Zeitpunkt, wo die als spielbarer Charaktertyp angeboten wurden. Ich glaube, die waren in der vierten Edition zum ersten Mal im Grundregelwerk als ganz regulärer Typ. Vorher konnte man, glaube ich, schon Otaku spielen, aber nur mit OK des Spielleiters und im Rahmen von irgendeinem Erweiterungsband. Aber da waren sie eben drin und damit stellte sie natürlich eine ganze Welt von neuen Fragen. Eben mit Resonanz, Dissonanz, damit eben auch Plotpunkte um resonante und dissonante KIs und die tiefe Matrix und die wilde Matrix und so weiter und so fort. In der vierten Edition, ich habe es vorhin ja gesagt, hatte Shadowrun den Versuch unternommen, die Matrix ein bisschen realweltlich zu erden und zumindest bestimmte Begrifflichkeiten und Funktionsprinzipien zu integrieren. Das ging mit den Technomancer nur so semi-gut zusammen und mit der fünften Edition und speziell mit der neuen Delamar-Matrix, die ja alle, die es noch nicht wissen, einmal kurz weghören, auf Technomancer-Prinzipien der Resonanz oder auf Technomancer sehr gezielt aufbaut, belassen das dabei. Also die neue Matrix ist sehr weit von einer realweltlichen, reinen Kabel-, Elektronik-, Chips- und Sendermatrix entfernt.
Andreas:
[2:03:28] Und damit sind diese Elemente dann auch ausformulierter worden in jüngeren Quellenbüchern. Was den Einfluss davon geht, im Positiven hat man natürlich viel mehr Werkzeuge, um die herum man Plots oder auch ganze Kampagnen bauen kann. Von der großen Queste nach einer dissonanten KI, die anfängt, Teile der Matrix zu übernehmen, über Reisen in andere Metaebenen oder den Empfang von Besuchern aus anderen Metaebenen, hat jeder die Möglichkeit, seinen Shadowrun so zu spielen, wie er möchte und hat eben einen großen Baukasten. Der Nachteil an einem großen Baukasten ist, das weiß jeder, der schon mal vor einem voll bestückten Werkzeugkasten eines absoluten Hobbybusters gestanden hat, dass es manchmal auf den ersten Blick abschreckend wirken kann.
Andreas:
[2:04:15] Deswegen sollte man sich gerade bei Shadowrun und bei auch anderen modular gebauten Rollenspielen immer vergegenwärtigen, dass das, was im Grundregelwerk drin ist, im Prinzip alles ist, was man braucht. Das ist der Kern. Und ob man dann seine Runner über Alchera oder irgendwelche Tore, verborgene Rituale oder den Fluch eines freien Geistes in eine andere Metaebene katapultieren möchte oder eben nicht, das liegt dann in der Spielpräferenz der einzelnen Gruppe. Und da sollte man, jetzt kommen wir wieder zu dem Thema der berühmten Session Zero, wenn man die Gruppe zusammenstellt, einmal mit den Leuten darüber sprechen, was sie halt gerne spielen möchten, ob sie dieses Thema Technomancer und Resonanz, Dissonanz wahnsinnig interessant finden. Das ist üblicherweise dann der Fall, wenn es mindestens einen Technomancer in der Gruppe gibt, manchmal gibt es ja auch mehrere, wohingegen eben beispielsweise, wenn die Gruppe ein Interesse daran hat, große, weltumspannende, böse, magische Verschwörungen zu bespielen, auch wenn sie selber keine Magier sind, dann haben sie mehr als genug Möglichkeiten, sich auf den Meta-Ebenen oder mit Besuchern von Meta-Ebenen zu bespaßen.
Rahel:
[2:05:21] Kommen wir einmal zu deiner Arbeit bei Shadowrun. Du bist ja sowohl Chefredakteur als auch Illustrator. Das heißt, du formst das Spiel inzwischen inhaltlich und ästhetisch mit, also zumindest die deutsche Ausgabe. Wie ist denn das Schaffen als Personalunion bei Shadowrun?
Andreas:
[2:05:34] Dass ich zeitgleich Chefredakteur und Illustrator bin, ist, glaube ich, viel weniger wichtig, als die meisten Leute sich vorstellen können. Es ist ja nicht so, dass der Chefredakteur im Normalfall Briefings für den Illustrator schreibt. Das macht, wenn dann der Redakteur des Bandes, teilweise auch die Autoren, wenn es darum geht, einen ganz konkreten Text zu bebildern. Und solche Briefings kriege ich halt weiter, ganz normal. Der einzige Vorteil ist natürlich, dass ich ein bisschen resistenter dagegen bin, dass meine Bildvorschläge abgelehnt werden. Wobei das auch in der Zeit, als ich noch nicht Chefredakteur war, auch nur sehr, sehr selten bei Pegasus vorkam. Catalyst ist da anders, also von denen kommen immer sehr, sehr, sehr detaillierte Briefings, wo es dann auch üblicherweise 10 bis 20, im schlimmsten Fall waren es einmal über 100, Korrekturstufen gab. Aber wie gesagt, im Normalfall ist das irrelevant. Was die Tätigkeit als Chefredakteur angeht, also in Personalunion Chefredakteur und Illustrator zu sein, klingt so ein bisschen so, als ob ich damit viel mehr Einfluss darauf hätte, wie sich Shadowrun entwickelt und wie es mit Shadowrun weitergeht. Das ist nur sehr eingeschränkt wahr. Ich versuche zwar als Illustrator mit Bildern, die mehr sagen als tausend Worte, das Gefühl von Shadowrun zu transportieren. Das habe ich aber, wie gesagt, schon immer getan. Das ist einfach die Aufgabe von einem Illustrator.
Andreas:
[2:06:52] Als Chefredakteur bin ich ja nicht der alleinige Autor von Shadowrun, sondern ganz im Gegenteil. Ich bin nur ein Teammitglied von dieser wirklich fantastischen Crew, die Shadowrun gemeinsam erarbeitet und erstellt, bestehend aus wahnsinnig vielen talentierten und begeisterten und enthusiastischen Autoren, einem sehr fähigen und um jeden kreativen Punkt und jeden Plotpunkt ringenden Redaktionsteam. Und wie viel Einfluss ich dann auf die einzelnen Produkte habe, hängt dann wiederum sehr davon ab, was meine jeweilige Rolle daran ist. Als Chefredakteur ist man ja nur ganz oben drauf. Das heißt, die Aufgabe ist, das Spielsystem soll insgesamt florieren, soll sich in eine gute Richtung entwickeln und die einzelnen Titel sollen Shadowrun sein und sollen kein Stuss sein. Okay, so weit, so gut. Jetzt, wenn ein neuer Titel rauskommt, ein neuer Abenteuerband, ein neues Quellenbuch, das wir bei Pegasus selber produzieren, dann gibt es einen Bandredakteur oder eine Bandredakteurin. Das kann auch ich sein. Das steht dann auch im Impressum entsprechend drin. Aber wenn ich es nicht bin, dann hat dieser Redakteur, diese Redakteurin tatsächlich erstmal die Hand auf der ganzen Sache drauf und organisiert den Ablauf, wählt die Autoren aus, teilt die Kapitel zu.
Andreas:
[2:08:04] Sorgt dafür, dass alles pünktlich da ist. Und dann wird das, wenn das ganze Ding mehr oder weniger fertig ist, an die Chefredaktion zur Abnahme geben und ans Lektorat dann natürlich auch, damit es dann in eine publikationsfähige Form kommt und alle Fehler, die vielleicht noch drin sind, beseitigt werden. Sprich, diese beiden Positionen, Chefredakteur und Illustrator, sind zwei gänzlich unterschiedliche Tätigkeiten, die nur dann eine Rolle spielen, wenn ich halt, wie gesagt, als Lektorat.
Andreas:
[2:08:29] Chefredakteur oder eher als Bandredakteur einen Illustrator beauftragen muss, der ein Bild erstellt, dann kann ich mir hier das Briefing sparen und mache es einfach und das, was ich abgebe, wird üblicherweise auch genommen. Wie gesagt, in der Vergangenheit war es meistens auch so. Es gab bei Tobias Hammelmann ganz selten den Fall, dass mal eine Illustration geändert werden muss und komplett geändert eigentlich sowieso nicht. Und dann kommt noch ganz wesentlich hinzu, dass ich als Chefredakteur und als Illustrator ja nicht frei darüber gebieten kann, wie Shadowrun ist oder wie es aussieht. Denn die Vorgabe für beides kommt aus Amerika, kommt von Catalyst. Das betrifft sowohl weltumspannende Metaplots und Intrigen oder eben auch irgendeinen Konzernkrieg oder eine Invasion von Wesenheiten einer fremden Metaebene. Die gilt es dann für Deutschland umzusetzen. Das ist unsere Kompetenz. Das ist auch mein Verantwortungsbereich dann als Chefredakteur zusammen mit dem Team. Aber die Kernvorgaben, wie sich Shadowland entwickelt und wohin sich Shadowland entwickelt, die kommen immer noch aus Amerika. Es gibt manchmal den Fall, dass wir halt in Deutschland Ideen haben, die dann erkennbarerweise so groß werden, dass sie nicht mehr an den Grenzen von dem großzügig definierten deutschsprachigen Raum enden. Dann wird das natürlich mit Catalyst abgesprochen. Aber wie gesagt, die Personalunion, Chefredakteur, Illustrator ist nicht so bedeutend, wie man vielleicht denken könnte.
Rahel:
[2:09:49] Okay, der Originalflag hat also noch umfangreichen Einfluss auf Shadowrun. Gleichzeitig hat sich das Spielsystem in Deutschland aber auch zu einem beliebten Selbstläufer entwickelt. Wie deutsch ist das deutsche Shadowrun?
Andreas:
[2:10:00] Deutschland ist ein sehr kompaktes Land, ist eben nicht so riesig wie die USA. Wir müssen uns nicht Gedanken darum machen, wie Shadowrun auf der ganzen Welt ist, also was sich in China tut oder in Japan oder wie sich die Situation in Korea weiterentwickelt oder Afrika oder wie die Traumzeit von Australien durch jüngste Ereignisse verändert wurde. Aber wir haben mit unserem Setting genug zu tun, sagen wir es mal so. Es geht immer darum, innerhalb der Allianz Deutscher Länder jene Orte zu finden, die sich so weit klar von anderen Orten abgrenzen, dass man sagen kann, die haben eine Daseinsberechtigung. Die sind etwas, was man aktiv bespielen kann, die etwas Besonderes sind. Und diese Besonderheiten versuchen wir zu finden und dann eben entsprechend auch herauszustellen. Und das spiele ich dann natürlich auch in Illustrationen. Es gab ja gerade den Datapuls Bayern und Franken. Und da gibt es eben auch eine Illustration. Da ist die Altstadt von Nürnberg zu sehen. Und wenn man ein Spiel hat wie Shadowrun, was ja eigentlich Cyberpunk ist und wo man an Straßenschluchten und Neonlicht und so weiter denkt, dann stellt sich sehr schnell die Frage, wie sieht denn eigentlich so eine Altstadt aus? Und wie kann in diesem ganz anderen konzeptionellen Setting dann eine Szene immer noch Shadowrun sein?
Andreas:
[2:11:09] Das sind dann die Herausforderungen, die ich mich eher kümmere. Und wie ich die Elemente finde, die ich herausstellen will, das ist wieder eine sehr lahme Antwort. Aber das hängt natürlich von dem einzelnen Band ab oder von der einzelnen Aufgabe.
Andreas:
[2:11:22] Es gibt illustrationsmäßig von Catalyst immer die Vorgabe, dass in jeder Illustration im Idealfall alle Aspekte von Shadowrun drin sein sollten. Also irgendwas Magisches.
Andreas:
[2:11:31] Irgendwas Technisches. Also wird sehr viel genauer beschrieben. Es gibt einen richtigen Artstyle-Booklet von Catalyst dazu. Und das setzt sich dann natürlich entsprechend auch für die deutsche Illustration genauso um, weil es ist ja auch immer noch Shadowrun. Und dann versucht man eben beispielsweise, sozialkritische Themen zu verarbeiten. Ich sage mal übermäßige, zynische Werbeplakate oder politische Kampagnen, die über Großleinwände oder über Hologramme dargestellt werden. Oder im Falle jetzt von Nürnberg.
Andreas:
[2:11:58] Dass die Stadt versucht aus ihren idyllischen Gassen und wir haben ja in Chatteran, also in der ADL in Chatteran, diese große soziale Strömung, dass die Leute sich je komplizierter und schrecklicher die Welt wird, immer mehr in die heile Welt flüchten wollen. Das heißt Romantik, auch gerade Bayern- und Frankenromantik und so weiter oder im Harz und Schwarzwald ist es genau das Gleiche, wird eben herausgestellt und nicht unbedingt auf Originalen basierend. Also so wie in Berlin es dann eben Potsdam gibt, wo ganze Straßenzüge aus Sicht der Preußenstiftung historisch korrekt rekonstruiert wurden, während andere sagen, das ist aber hier eher wie in Disneyland. Und die ganzen Sachen, die da an die Fronten rangeflanscht wurden, das ist alles 3D-Druck und Plastik und hat überhaupt nichts mit Denkmalschutz oder Ähnlichem zu tun. Das sind dann eben Themen, die man versucht mitschwingen zu lassen, um eben in jedem Aspekt und gerade eben auch im Bild zu zeigen, es ist keine heile Welt, es ist bestenfalls eine dekorative Fassade, die aber schon im Bild als Fassade erkennbar ist. Und das ist eine Aufgabe, die wird auch nach den vielen Jahren, die ich jetzt schon als Illustrator für Shadowrun tätig bin, nie langweilig.
Rahel:
[2:13:04] Andreas, herzlichen Dank für deine Einblicke in die Welt von Shadowrun. Es war spannend, einmal den Blick aus Verlagsperspektive vermittelt zu bekommen und dabei auch herauszuhören, wie sich das Spiel eben immer weiter verändert und auch verändern muss. Damit kommen wir an dieser Stelle aber auch zum Ende dieser Folge.
Mháire:
[2:13:20] Also an erster Stelle möchte ich mich bedanken bei dir, Rahel, jetzt zum Abschluss dafür, dass du mich dazu geholt hast. Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich dich vor allen Dingen gerade zugetextet habe. Aber ich glaube, das könnte bei zukünftigen Folgen sich noch ein bisschen andersrum drehen, wo ich auch noch sehr viel mehr Recherche reinstecken muss. Und wir beide dann als relativ neue Leute dazu stoßen. Oder andersrum, du die Person bist, die ganz, ganz tief im Thema drin ist und ich mich da als Newbie reinschlüffel. Und ich freue mich da schon sehr drauf.
Rahel:
[2:13:49] Ich mich auch. Ich mache mir da auch gar keine Sorgen. Im Gegenteil, ich freue mich jetzt, dass ich endlich mal den Grund hatte, um mich mit Shadowrun auseinanderzusetzen. Ich muss sagen, ich bin schon neugierig. Ich weiß nicht unbedingt, ob ich es selber spielen wollen würde, weil es spielmechanisch doch schon sehr chaotisch ist und so unfassbar dystopisch. Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht mir selbst zu düster ist.
Rahel:
[2:14:08] Aber ich würde doch vorschlagen, dass wir so zum Abschluss, bevor wir uns für diese Folge verabschieden, noch ein paar Einstiegsempfehlungen dalassen für die Leute, die jetzt auch mal sich mit der Welt auseinandersetzen wollen?
Mháire:
[2:14:20] Ich glaube, den besten Einstieg, den haben wir relativ früh schon genannt mit Gunners Hilfe. Und ich denke, das sind Shadowrun Returns und eben die Spieler aus dieser Reihe. Die haben einen wunderbaren, ich würde sagen, niedrigschwelligen Einstieg. Der ganze Crunch an Zahlen und Regelwerken wird für einen übernommen. Und es begleitet auch ein paar spannende Dinge in der neueren Historie.
Rahel:
[2:14:45] Und sie geben auch visuell, finde ich, ein sehr schönes Gefühl eben von der Art von Welt, die wir da haben.
Mháire:
[2:14:49] Ja, und auch den Slang, der zu Shadrun dazugehört. Da haben wir gar nicht so viel drüber geredet. Aber das ist aus Blade Runner wiederum, wo es ja diese Straßensprache gibt, die ein wildes Patois aus ganz vielen verschiedenen, unter anderem Ungarisch kurioserweise Sprachen ist, dass ganz, ganz viele Begriffe ineinander verwurstelt werden. Und na, Chama, hast du dein Johnson getroffen? So kann. Und dann halt irgendwie Neuschöpfungen und Fachwörter und Japanisch und sowas alles wild ineinander gewurbelt werden. Und die Charaktere dort sprechen sehr, sehr authentisch für die Shadowrun-Welt und holen dich direkt rein in dieses Feeling.
Rahel:
[2:15:24] Wer jetzt eher mit dem Pen & Paper einsteigen möchte, also es gibt einen kostenlosen, wirklich übersichtlichen Schnellstarter von Pegasus. Der gibt allerdings nur bedingt Einblick in die Welt. Also da liegt der Fokus doch eben darauf, ins Spielen zu kommen und jetzt weniger darauf, die Welt zu erkunden.
Mháire:
[2:15:41] Ja, und ansonsten, wenn man sich vor allen Dingen so ein bisschen anschauen will, hey, wie geht es zum Beispiel Deutschland in Shadowrun, weil es ein wirklich faszinierendes Setting ist. Es gibt eine Neuauflage von Deutschland in den Schatten, das ist ein absoluter Klassiker, was eben die ADL beschreibt im aktuellen Zustand. Und es gibt haufenweise Romane, die mehr oder weniger empfehlenswert sind. Auch eine ganze Reihe von deutschen AutorInnen. Zum Beispiel die von einem Bekannten von mir lesen sich ganz gut weg. Vom David Grade, der recht angenehm und auch unterhaltsam zu konsumierende aktuelle Shadowrun-Romane geschrieben hat.
Rahel:
[2:16:15] Damit lassen wir euch jetzt auf die Welt von Shadowrun los. Vielen Dank fürs Zuhören. Und wir sagen.
Mháire:
[2:16:22] Man sieht sich, Chama.
Rahel:
[2:16:23] Noch schnell ein bisschen Slang untergebracht.
Mháire:
[2:16:27] Vielen Dank fürs Zuhören. Und bis dann.
Rahel:
[2:16:29] Bis zum nächsten Mal. Ciao.
Endlich!
Wird gleich gehört, aber zuerst: mega Artwork!
Geiler Scheiss
Sehr schön! Da fehlt ja quasi nur noch der Soykaf im Retroshirty-Shop
Ich bin erst zur Hälfte durch, aber eine kleine Korrektur habe ich, die für Interessierte vielleicht wichtig ist. Gunnar betont es explizit anders, aber die neue Shadowrun-Trilogie gibt es für Konsolen.